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Jemeniten betrachten den Schaden nach einem Luftangriff der von Saudi-Arabien geführten Allianz in Saada.
© Reuters

Milliardenschwere Exporte: Deutschland rüstet Kriegsparteien im Jemen auf

Die Bundesregierung hat 2017 Rüstungsexporte für rund 1,3 Milliarden Euro an die am Jemen-Krieg beteiligten Länder genehmigt. Kritiker werfen der GroKo Heuchelei vor.

Vor drei Jahren begann die Militärintervention Saudi-Arabiens und weiterer arabischer Staaten im Jemen – das hat Deutschland nicht davon abgehalten, weiter milliardenschwere Rüstungslieferungen in das Krisengebiet zu genehmigen: Allein im vergangenen Jahr ging es dabei um den Export von Rüstungsgütern in einem Wert von rund 1,3 Milliarden Euro an die am Jemen-Krieg beteiligten Länder. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Im Vergleich zu 2016 nahm der Umfang der Genehmigungen sogar um neun Prozent zu.
Der größte Teil der militärischen Ausrüstung ging an Ägypten (708 Millionen Euro), Saudi-Arabien (254 Millionen) und die Vereinigten Arabischen Emirate (214 Millionen). Saudi-Arabien führt die Koalition aus neun Ländern an, die die jemenitische Regierung seit drei Jahren im Kampf gegen die schiitischen Huthi-Rebellen unterstützt.

Wer ist "unmittelbar" am Krieg beteiligt?

Union und SPD haben sich in den Koalitionsverhandlungen auf einen Exportstopp für alle Länder verständigt, die „unmittelbar“ am Jemen-Krieg beteiligt sind. Welche Länder damit gemeint sind, ist aber weiter unklar. Die noch amtierende, geschäftsführende Bundesregierung hat erklärt, dass sie sich bereits jetzt an den Exportstopp halte. Auch sie sagt aber nicht, auf welche Länder sie ihn anwende. Der Krieg hat im Jemen zu einer humanitären Katastrophe geführt, von der mehr als 20 Millionen Menschen betroffen sind.
Grünen-Außenexperte Nouripour kritisiert, dass der Exportstopp zu spät komme. „Genau diese Regierung hat die vergangenen vier Jahre regiert und hätte die Exporte schon längst stoppen können“, sagte Nouripour. „Diese Art der Rüstungsexportpolitik ist heuchlerisch.“
Linken-Politiker Alexander Neu nannte es „unfassbar, dass die Bundesregierung trotz des seit Jahren tobenden Krieges in und gegen Jemen weiterhin Rüstungsexporte an die kriegsführenden Staaten genehmigte“. Dieses Vorgehen zeige, „dass die Groko die von ihr verfolgten strategischen und ökonomischen Interessen skrupellos durchsetzt“.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßte, dass die Regierung „in diesem Jahr endlich die Rüstungsexporte in Länder gestoppt“ hat, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Die FDP lehne Rüstungsexporte in Krisengebiete entschieden ab und strebe eine gemeinsame europäische Rüstungsexportkontrollpolitik an, damit Exporte aus allen Mitgliedsstaaten zu restriktiven Bedingungen erfolgen.

50 Schützenpanzer für Jordanien

Die Militärintervention im Jemen begann im März 2015. Neben Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten gehören Bahrain, Jordanien, Kuwait, Marokko, der Senegal und der Sudan zur Koalition. Besonders heikel für die Bundesregierung ist, dass mit Jordanien ein enger Verbündeter in der Region zur Kriegsallianz gehört. Die Bundesregierung hält das Königreich für einen Stabilitätsanker und leistet sogar direkte Rüstungshilfe. Im laufenden Jahr will die Bundesregierung wie schon 2017 etwa 130 Millionen Euro dafür ausgeben. Unter anderem erhielt die jordanische Armee bereits rund 50 „Marder“-Schützenpanzer. In Jordanien sind außerdem die „Tornado“-Aufklärungsflugzeuge und das Tankflugzeug stationiert, mit denen sich die Bundeswehr am Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) beteiligt.
Streit um Rüstungslieferungen im Zusammenhang mit dem Jemen-Krieg gibt es auch auf einer anderen Ebene. Nach mehreren Raketenangriffen der jemenitischen Huthi-Rebellen auf Saudi-Arabien beriet der UN-Sicherheitsrat über einen Resolutionsentwurf, der dem Iran eine Mitschuld zuweist und „zusätzliche“ Strafmaßnahmen verlangt, um diesen Verstoß zu ahnden. (mit dpa/AFP)

Michael Schmidt

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