Bundeswehr in Jordanien: Streit mit den neuen Gastgebern
Tornados der Bundeswehr sollen bald von Jordanien aus starten. Doch das Land hat den deutschen Soldaten bisher keine Immunität zugestanden. In Jordanien gilt die Todesstrafe und in einigen Rechtsbereichen die Scharia.
Die Entscheidung sollte einen langen Streit beenden: Die Bundeswehr zog ihre Tornados Ende Juli aus dem türkischen Incirlik ab, weil die Türkei Abgeordneten des Bundestags einen Besuch bei den Soldaten verweigert hatte. Neuer Standort für die deutschen Aufklärungsflugzeuge, die den internationalen Einsatz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) unterstützen, soll eine Basis in Jordanien werden. Doch nun gibt es Unstimmigkeiten mit dem neuen Gastgeber: Bisher ungeklärt ist der künftige rechtliche Status der Bundeswehrsoldaten im Gastland. Die Bundesregierung konnte sich dem „Spiegel“ zufolge mit Jordanien bisher nicht auf ein Abkommen verständigen, in dem den deutschen Soldaten vollständige Immunität vor Strafverfolgung zugesichert wird. „Der Verhandlungsprozess dauert noch an“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.
In Jordanien gibt es neben der zivilen Gerichtsbarkeit auch Scharia-Gerichte, deren Rechtsprechung auf dem Koran basiert und die vor allem für Familienrecht zuständig sind. Darüber hinaus können Strafgerichte in dem arabischen Land die Todesstrafe verhängen. Vor diesem Hintergrund dringt die Bundesregierung seit Wochen darauf, die etwa 250 deutschen Soldaten künftig vor Strafverfolgung in Jordanien zu schützen. Doch die Regierung in Amman wollte einer so weitgehenden Regelung offenbar nicht zustimmen.
Allerdings zeigt man sich in Berlin optimistisch, dass es eine Einigung geben wird und sich die Verlegung der Tornados nicht verzögert. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte im Juni angekündigt, der Umzug der Tornados und der technischen Ausrüstung werde „von August bis September“ dauern. Ab Oktober sollen die Aufklärungsflugzeuge wieder über Syrien im Einsatz sein. Ein Tankflugzeug traf bereits auf dem Stützpunkt Al Asrak ein.
Jordanien gilt als verlässlicher Partner des Westens
Die Bundeswehr hatte mehrere Alternativen zum Standort Incirlik geprüft, in Jordanien, Kuwait und auf Zypern. Wegen der Nähe zum Einsatzgebiet fiel die Wahl auf das jordanische Al Asrak. Aber auch die politischen Vorbedingungen schienen günstig: Das Königreich gilt als verlässlicher Partner des Westens, nicht erst seit dem gemeinsamen Kampf gegen den IS. Außerdem sieht die Bundesregierung das Land als Stabilitätsfaktor in einer unruhigen Region.
Einen ähnlichen Streit um den rechtlichen Status von Bundeswehrsoldaten gab es dem „Spiegel“ zufolge im vergangenen Jahr mit Katar. Von dem Golfstaat aus wird der internationale Einsatz gegen den IS („Operation Counter Daesh“) koordiniert, deshalb sind dort auch Offiziere der Bundeswehr vertreten. In Katar spielt das islamische Recht eine weitaus größere Rolle als in Jordanien. Der Streit endete offenbar mit einem Kompromiss: Sollte ein deutscher Soldat in Katar gegen geltendes Recht verstoßen, würde er dort nicht vor Gericht gestellt, sondern müsste das Land verlassen.