Slowenien gibt Kampfpanzer weiter: Deutschland bereitet Ringtausch schwerer Waffen für die Ukraine vor
Eine direkte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine schließt die Bundesregierung derzeit aus. Über den Nato-Partner Slowenien soll es funktionieren.
Die Bundesregierung bereitet einen Ringtausch für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine vor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Donnerstag soll dabei der östliche Nato-Partner Slowenien eine größere Stückzahl seiner T-72-Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten.
Das noch aus der Sowjetzeit stammende Waffensystem T-72 wird vom ukrainischen Heer bereits eingesetzt und erfordert keine umfangreiche Zusatzausbildung. Nach Informationen der dpa aus Regierungskreisen hat Slowenien als Kompensation auch moderneres Gerät aus Deutschland angefordert, darunter den deutschen Kampfpanzer Leopard 2, den Radpanzer Boxer sowie den Schützenpanzer Puma, der in der Bundeswehr als Nachfolger des seit 50 Jahren genutzten Marder eingeführt wird.
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„Die Bundeswehr ist in einer Situation, in der sie leider keine Waffen abgeben kann, wenn ich die Landes- und Bündnisverteidigung weiter gewährleisten will“, sagte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD). Dazu sei sie auch den Nato-Partnern gegenüber verpflichtet. Die Bundeswehr sei „ganz auf Kante genäht“.
„Jede Abgabe schmerzt, jede Abgabe schwächt, deswegen ist es auch nicht möglich“, sagte Lambrecht. Kritik übte sie an der Union: „Wenn 16 Jahre dieses Ministerium von CDU/CSU regiert wurde, dann muss man die Frage stellen: Wer hat denn die Verantwortung dafür, dass die Bundeswehr so aufgestellt ist?“ Dies sei aber eine Diskussion, die man zu einem späteren Zeitpunkt führen müsse. Gerade müsse man „zusammenstehen und (...) gemeinsam dafür sorgen, dass die Ukraine die Unterstützung erfährt, die sie braucht“, sagte Lambrecht.
Lambrecht bestätigte am Donnerstag, dass Deutschland ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausbilden werde. „Weil wir das Knowhow haben, um daran auszubilden. Das ist eine Möglichkeit, um auch diesen Support zu leisten“, sagte Lambrecht in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv.
Früheren Berichten zufolge soll die Panzerhaubitze 2000 von den Niederlanden an die Ukraine geliefert werden. Deutschland könne dies nicht tun, da die „Bundeswehr nicht so ausgestattet“ sei, sagte Lambrecht und fügte hinzu: „Aber da, wo wir Ausbildung leisten können, werden wir das tun.“
Ukraine listet erhaltene Waffen auf
Die Ukraine hat seit Kriegsbeginn von Deutschland gut 2500 Luftabwehrraketen, 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition, 100 Maschinengewehre und 15 Bunkerfäuste mit 50 Raketen erhalten.
Hinzu kommen 100.000 Handgranaten, 2000 Minen, rund 5300 Sprengladungen sowie mehr als 16 Millionen Schuss Munition verschiedener Kaliber für Handfeuerwaffen vom Sturmgewehr bis zum schweren Maschinengewehr, wie die Deutsche Presse-Agentur aus ukrainischen Regierungskreisen erfuhr. Nicht enthalten in der Liste sind schwere Waffen wie Panzer oder Artillerie.
Die Bundesregierung hatte der ukrainischen Regierung bereits Ende März eine Liste mit 210 Angeboten für Rüstungslieferungen der deutschen Industrie im Gesamtwert von 307 Millionen Euro vorgelegt. Darauf finden sich Panzerabwehrwaffen, Granaten, Drohnen, Schutzausrüstung und Munition.
Die schwersten dort aufgeführten Waffen sind 12 Mörser mit einem Kaliber von 120 Millimeter. Panzer, schwere Artilleriegeschütze, Kampfhubschrauber oder Kampfflugzeuge sind darauf nicht zu finden. Die Liste mit der Überschrift „Unterstützungsmöglichkeiten Industrie - Konsolidiert“ vom 29. März liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, zuerst hatte „Bild“ darüber berichtet.
Die Bundesregierung hatte sich zwei Tage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine dafür entschieden, Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern – ein Tabubruch. Anfangs gab die Bundesregierung noch bekannt, welche Waffen sie liefert, seit längerer Zeit aber nicht mehr. Bundestagsabgeordnete können sich nur noch in der Geheimschutzstelle darüber informieren.
Die in den ukrainischen Regierungskreisen genannten Waffen sind bereits im Kriegsgebiet angekommen. Auf der Liste stehen auch 1000 Ersatzteile für Maschinengewehre, 100.000 Sprengschnüre und 250.000 Zünder.
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Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki erklärte am Donnerstag, dass er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) von der Notwendigkeit überzeugen will, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern.
Er werde Scholz kontaktieren und ihm klarmachen, dass dies ein Wendepunkt in der Geschichte Europas und der Welt sei, sagte Morawiecki. Die Ukrainer brauchten etwas, womit sie sich verteidigen könnten. „Deshalb ist es notwendig, ihnen Munition und auch schweres Gerät zu geben. Hier ist die zweideutige Haltung Deutschlands sicherlich nicht hilfreich.“ Er wolle mit Scholz reden, um diese Haltung zu ändern.
Morawiecki betonte, Polen liefere der Ukraine eine große Menge an Ausrüstung und Verteidigungsgerät, damit das Nachbarland sich gegen den brutalen und kriminellen russischen Angriff wehren könne. Deutschland und Polen müssten gemeinsam handeln, um die Chancen für die Wiederherstellung des Friedens und der Sicherheit zu erhöhen. Dazu sei auch eine entschlossene Abkehr von russischem Erdöl, russischem Gas und russischer Kohle nötig.
Scholz erläutert Vorgehen bei Waffenlieferungen
Scholz hatte am Dienstag das weitere Vorgehen bei den Waffenlieferungen erläutert. Danach will die Bundesregierung keine Waffen mehr aus Bundeswehrbeständen liefern, weil sie der Meinung ist, dass die Truppe dann nicht mehr ihre Aufgaben bei der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen kann.
Stattdessen will die Bundesregierung direkte Rüstungslieferungen der Industrie an die Ukraine finanzieren. Der Geldtopf dafür soll von 225 Millionen auf zwei Milliarden Euro aufgefüllt werden, wie Scholz bereits in der vergangenen Woche angekündigt hat. Dazu kommt dann der Ringtausch.
Andere Bündnispartner, die moderneres Gerät schicken, sollen mit Munition und Ausbildung unterstützt werden. So will sich Deutschland beispielsweise an der Lieferung schwerer Artillerie aus den Niederlanden oder den USA in die Ukraine indirekt beteiligen. (dpa, AFP)