Kanzlerin beim Fastenbrechen: Deutscher Michel, ganz halal
Die Kanzlerin nimmt erstmals als offizieller Gast an einem Fastenbrechen teil – ein Abend mitten in der Griechenlandkrise.
Wenn es einen weiteren Zeichens bedurft hätte, dass der Islam zu Deutschland gehört, dann hätte ihn diese Speisekarte geliefert: Nicht Hummus, nicht Baklava. An diesem Dienstagabend gibt es marinierten Ostseelachs mit Fenchel, dann Kalbsrücken mit Brandenburger Spargel und zum Schluss Kirschenmichel. Und alles halal, nach den religiösen Vorschriften zubereitet. Darauf hat der Stab der Staatsministerin und bekennenden Muslimin Aydan Özoguz geachtet.
Fastenbrechen, das regelmäßige gemeinsame Mahl im Fastenmonat Ramadan, in dem gläubige Muslime zwischen Sonnenauf- und untergang auf Speis und Trank verzichten, ist in den letzten Jahren zum festen Bestandteil des öffentlichen Lebens geworden. Am selben Ort, in die feine Villa Borsig das Gästehaus des Auswärtigen Amts in Berlin-Tegel, hatte vor Jahren der damalige Außenminister Guido Westerwelle zum ersten Mal zum Iftar geladen, damals hatte die Menüfolge noch einen deutlich orientalischen Einschlag.
Vielfalt am Tisch vereint
Dieses Iftar ist aber aus einem anderen als einem kulinarischen Grund besonders: Zum ersten Mal nimmt Bundeskanzlerin Angela Merkel als offizieller Gast an einem Fastenbrechen teil. „Ein deutliches Zeichen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ sagt die gastgebende Integrations-Staatsministerin Aydan Özoguz, und auch eins für ein Deutschland in Vielfalt – die an diesem Abend reichlich in der Villa Borsig vertreten ist: Neben muslimischen Persönlichkeiten – eines der Grußworte spricht Nurhan Soykan, Sprecherin des Koordinationsrats der Muslime – auch Vertreter der Kirchen und des deutschen Judentums, Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, der Vorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, und Alois Glück, der Präsident der katholischen Laien, des Zentralkomitees der Katholiken.
"Anschläge auf unsere Demokratie"
„Schön, dass ich dabei sein darf“, sagt die Festrednerin bescheiden. Dabei weiß hier jeder, was es bedeutet, dass Merkel auf dem vorläufigen Höhepunkt der Griechenlandkrise einen Abendimbiss in Tegel einschiebt. Und noch einmal betont sie, dass es „offenkundig“ sei, „dass der Islam inzwischen unzweifelhaft zu Deutschland gehört“. Und dass Anschläge auf Flüchtlinge „sich gegen uns alle richten: als Anschlag auf unsere Demokratie und unser friedliches Zusammenleben“. Meißen, Freital, Lübeck sind an diesem Abend ständig präsent. Und doch sehr weit weg.
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