Bischofsernennungen: Der Vatikan knickt vor China ein
Der Vatikan hat zwei Bischöfe der romtreuen Untergrundkirche in China aufgefordert, ihre Ämter an zwei pekingtreue Bischöfe abzugeben.
Seit Jahrzehnten bemüht sich der Vatikan um engere Beziehungen zu China. Berichten zufolge hat der Heilige Stuhl jetzt zwei Bischöfe der vatikantreuen katholischen Untergrundkirche in dem Land dazu aufgefordert, ihre Ämter an pekingtreue Bischöfe abzutreten. Der Schritt bedeutet nichts Geringeres als die Ausweitung der staatlichen Kontrolle über den katholischen Glauben in China.
Rund die Hälfte der zehn bis zwölf Millionen Katholiken in China gehört der vatikantreuen Untergrundkirche an. Zwei Bischöfe dieser Untergrundkirche müssen nun – mit dem Einverständnis des Vatikans – ihre Ämter an Bischöfe übergeben, die der kommunistischen Regierung des Landes genehm sind. Sie gehören der sogenannten Chinesischen Katholisch-Patriotischen Vereinigung an. Einer der „Neuen“ ist ein Bischof, den der Vatikan einst exkommuniziert hatte.
Die Berichte über den Vorgang hat der pensionierte Kardinal von Hongkong publik gemacht. Joseph Zen ist der wohl schärfste Kritiker der China-Politik von Papst Franziskus. Zen wirft dem Pontifex eine unterwürfige Haltung gegenüber China vor. Ihm zufolge brodelt es in der Untergrundkirche Chinas. Mit einem Kniefall vor der chinesischen Zentralregierung, die viele in der römisch-katholischen Kirche verärgere, greife der Vatikan zu umstrittenen Maßnahmen, um die Verhandlungen über die Wiederherstellung der Beziehungen mit Peking voranzubringen. Der Vatikan ist das einzige europäische Land, das keine diplomatischen Beziehungen zu China unterhält. Die diplomatischen Beziehungen waren von Peking im Jahr 1951 abgebrochen worden. Dass der Vatikan umgekehrt als einziges europäische Land diplomatische Verbindungen zu Taiwan aufrechterhält, belastet das Verhältnis zu China.
Papst Johannes Paul II. träumte davon, als Pontifex nach China zu reisen
Unbeeindruckt von Drohungen des Vatikans hat es sich Peking seit Jahrzehnten zur Routine gemacht, eigene Priester und Bischöfe zu ernennen. Papst Franziskus will die katholische Ordnung in China nun wieder verbessern. Verhandlungen begannen vor mehr als 18 Monaten, kamen aber wegen der Frage, wer die Bischöfe im Land ernennt, kaum vom Fleck.
Diesen Monat reiste Kardinal Zen nach Rom, um dem Papst persönlich den Brief eines Untergrundbischofs zu übergeben, der sich geweigert hatte, zurückzutreten. Das bestätigte Zen am Montag auf seiner Facebookseite. Der überbrachte Brief stammte vom 88-jährigen Bischof Zhuang Jianjian aus der südchinesischen Stadt Shantou. Papst Franziskus soll Kardinal Zen zufolge positiv auf den Brief des geschassten Bischofs reagiert haben. Demnach wolle er „keinen weiteren Mindszenty-Fall schaffen“. József Mindszenty war ein pro-demokratischer Bischof in Ungarn, der im Jahr 1956 ins Exil vertrieben und durch einen regierungstreuen Bischof ersetzt worden war.
Es ist unklar, wie detailliert Papst Franziskus über die umstrittenen Maßnahmen in China unterrichtet war. Klar hingegen ist, dass Peking und Rom noch immer miteinander verhandeln und die Wiederherstellung der bilateralen Beziehungen Thema bleibt.
Schon Papst Johannes Paul II träumte davon, als Pontifex nach China zu reisen. Ob diese epochale Ehre dereinst Papst Franziskus zustehen wird, bleibt fraglich. Peking scheint keine Opposition zu dulden – auch nicht, was Fragen der Kirche in China betrifft.
Daniel Kestenholz