Zukunft des Solidaritätszuschlags: Der Soli geht - die Steuer bleibt
Bund und Länder verhandeln über die Steuerverteilung nach 2019. Ein Plan: Der Solidaritätszuschlag wird in die Einkommensteuer integriert. Aber geht das? Und was will Wolfgang Schäuble?
Der „Soli“ geht – aber das Geld soll dort bleiben, wo es ist: in den Staatskassen. Darüber sind sich Bund und Länder einig. Weder Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) noch seine Kollegen in den Ländern (von der CSU bis zur Linken) denken auch nur eine Sekunde daran, auf die derzeit etwa 14 Milliarden Euro im Jahr zu verzichten, die der Solidaritätszuschlag erbringt. Die Frage lautet schlicht: Wie kann man die Steuermilliarden weiter bekommen, wenn der „Soli“ – der praktisch an den 2019 auslaufenden Solidarpakt samt Finanzausgleich gekoppelt ist und als Ergänzungsabgabe nicht unendlich erhoben werden darf – formal endet? Und das heißt: Wie bringt man es dem Steuerzahler bei, dass er weiter in der Höhe belastet wird wie bisher?
Mehrere Modelle
Es gibt mehrere Modelle, die derzeit auf Ministerebene diskutiert werden. Darunter ist auch der, welcher am Dienstag für Aufregung sorgte: Schäuble wolle den „Soli“ abschaffen, aber gleichzeitig die Einkommen- und Körperschaftsteuer erhöhen. Eine offizielle Bestätigung gab es nicht, Schäubles Staatssekretär Steffen Kampeter (CDU) sagte nur, die Gespräche liefen, Festlegungen gebe es nicht. Aber Bund und Länder überlegen in der Tat, den „Soli“ (der als Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuer erhoben wird) in die Gemeinschaftssteuern zu integrieren, also die Einkommen- und Körperschaftsteuer entsprechend dem "Soli"-Aufkommen zu erhöhen. Rechtlich halten die Länder das für möglich. Politisch könnte es problematisch sein, denn streng genommen ist das eine Steuererhöhung – und Schäuble hat in der Haushaltsdebatte am Dienstag bekräftigt, Schwarz- Rot werde Steuern nicht erhöhen. Die bloße Einbindung des Zuschlags hätte auch unerwünschte Folgen: Geringverdiener und Familien mit Kindern etwa würden höher belastet.
Befürworter in den Ländern
Befürworter einer "Soli“-Übertragung auf die Einkommensteuer kommen vor allem aus dem Kreis der Länder, vor allem Baden-Württemberg hält es für die sinnvollste und einfachste Lösung. Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte der Deutschen Presse-.Agentur: „Wenn sich der Bund in dieser Frage öffnet, verbessern sich auch die Chancen auf eine Einigung über den Länderfinanzausgleich.“ Die Länder wollen ran an das Steueraufkommen aus dem „Soli“, das bisher allein dem Bund zufließt – zur Finanzierung des Ausbaus Ost und der damit verbundenen Schulden. Würde der „Soli“ in die Einkommensteuer integriert, müsste das Geld geteilt werden: je 42,5 Prozent für Bund und Länder, 15 Prozent an die Kommunen. Das Bundesfinanzministerium hat in den bisherigen Beratungen diesen Weg zwar nicht abgelehnt, aber eine Forderung gestellt: Der Bund müsse dann eine Kompensation erhalten, und zwar bei der Umsatzsteuer.
Dickicht der Bund-Länder-Finanzen
Und damit sind wir im Dickicht der Bund-Länder-Finanzen. Die Vorstellung des Bundes ist es nämlich, seinen Anteil am Steueraufkommen zu sichern oder leicht zu erhöhen, indem er jene sieben Umsatzsteuerpunkte zurückbekommt, die er vor 20 Jahren an die Länder abtrat. Ohne diesen Schritt läge das Steueraufkommen des Bundes heute um sechs Prozent höher, rechnete Schäuble im Bundestag vor. Und die Zinsbelastung des Bundes sei deutlich höher als die der Länder. Bislang forderte Schäubles Ressort eine „volle Kompensation“ der Mindereinnahmen bei einer neuen „Soli“-Regelung. Immerhin kam von Schäuble eine Art Signal an die Länder, jedenfalls lässt es sich so interpretieren: Er sagte, die Übertragung der Umsatzsteuerpunkte habe im Zusammenhang der Eingliederung der ostdeutschen Länder in den Länderfinanzausgleich gestanden. Das ist die Sicht der Länder, die daraus den Anspruch auf Beibehaltung der bestehenden Regelung ableiten: Da der Finanzausgleich bleibt, muss auch die Steuerverteilung bleiben. Schäubles Ressort hatte bisher argumentiert, die Übertragung der Umsatzsteuerpunkte sei mit der Einführung des „Soli“ erfolgt – wenn der nun wegfällt, so die Logik, müssen auch die Steuern neu verteilt werden.
Schuldenfonds als Lösung?
Doch gibt es noch andere Modelle, in denen der "Soli" praktisch umgewidmet wird. So gibt es die Idee auf Länderseite, mit den „Soli“-Mitteln einen Altschuldentilgungsfonds zu füttern. Dafür sind mittlerweile die meisten Länder, angeführt vom Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Doch die Länder mit relativ geringen Schulden, voran Bayern und Sachsen, sind dagegen. Mehrere Varianten sind für einen Schuldenfonds im Gespräch: alle Verbindlichkeiten in einen Topf, eine Teilentschuldung der Länder, entweder aller oder nur der ganz hoch verschuldeten, oder auch nur Hilfen für die Zinszahlungen. Aber auch in all diesen Fällen möchte der Bund eine Kompensation seiner Ausfälle über die Umsatzsteuer. Eine weitere Idee ist ein Infrastrukturfonds für strukturschwache Regionen, vor allem die thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hat sich dafür stark gemacht. Dann würde der "Soli" helfen, Schlaglöcher zu stopfen und marode Brücken zu sanieren.
Im Verbund mit "kalter Progression"?
Niedersachsen hat vorgeschlagen, den „Soli“ zwar auf die Einkommensteuer zu übertragen, dafür aber die Steuerzahler über den Abbau der „kalten Progression“ zu entlasten. Das ist jenes Phänomen, das zu einer stetig höheren Steuerbelastung führt, weil der Steuertarifverlauf nicht der Inflation angepasst wird. Im Gegenzug könnte der Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent steigen. Das würde Gering- und Mittelverdiener schonen. Dafür scheint man im Bundesfinanzministerium zumindest offen zu sein.
Kritik von der Linken
Kritisch sieht das reine Übertragungsmodell die Linkspartei. "Von einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags und einer Kompensation durch eine Erhöhung der Einkommen-, Kapital- und Körperschaftsteuer würden insbesondere die jetzt schon steuerstarken Regionen profitieren. Das ist das Gegenteil eines Ausgleichs zwischen den Bundesländern und würde sogar einen deutlich höheren Länderfinanzausgleich notwendig machen", sagte Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag.
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