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Was in seiner Macht steht: Donald Trump, Präsident der USA, hat viele Befugnisse - was nicht seine Schuld ist.
© REUTERS/Carlos Barria

Donald Trump: Der republikanische Monarch

Seit George Washington hat so ziemlich jeder US-Präsident seinem Amt mehr Bedeutung verschaffen wollen. Das Ergebnis ist eine vormoderne Machtfülle. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Fabian Leber

Donald Trump reicht seinen Fans nicht die Hand. Er zeigt ihnen den ausgestreckten Mittelfinger. Jedenfalls denen, die ihn in einer Reihe mit He-Man oder Barbie sehen: Die New Yorker Firma FCTRY bewirbt Trump als Actionfigur zum Preis von 19,99 Dollar, verwendbar ab drei Jahren. Auch Barack Obama und George W. Bush sind in der Plastikversion zu haben, Ersterer mit stark auftrainierten Muskeln, Letzterer in der Montur eines gerade gelandeten Kampfpiloten.

US-Präsidenten sind Superhelden, die es bis ins Kinderzimmer schaffen. Sie sind tatsächlich Kunstfiguren. Auch nach zwei Monaten im Amt wirkt Trump so, als habe er sich in eine neue Staffel von „House of Cards“ verirrt. Doch die Bühne für die klebrige Milliardärsshow haben schon andere vor ihm bereitet. Darunter so ehrenwerte Herren wie Franklin D. Roosevelt, John F. Kennedy oder Obama. Sie alle haben daran mitgewirkt, aus dem US-Präsidentenamt ein popkulturelles Ereignis zu machen. Die Person Trump verkörpere die amerikanische Krise, heißt es nun. Er wird beobachtet wie ein Kind, das mit geladener Pistole spielt. Wie anders wäre doch die Welt, wenn Obama noch regieren würde oder zumindest Hillary Clinton dran wäre! Nach Trumps erster Amtszeit ist der Spuk vorbei, hoffen ganz viele.

Die Hoffnung ist, dass aus Trump kein Tyrann werde

Doch diese Fixierung auf den Menschen Donald Trump, seine psychologische Ausleuchtung, übersieht eines: So modern das US-Präsidentenamt wirken mag, weil es perfekt in das Medienzeitalter passt, so ist es doch über Trump hinaus aus der Zeit gefallen. Die USA haben sich einen republikanischen Monarchen erschaffen – und hoffen nun, dass daraus nicht einmal ein gewählter Tyrann werden möge.

Es ist kaum zu glauben: Amerikas Verfassungsväter hatten einst überlegt, drei gleichberechtigte Personen an die Spitze des Staates und der Regierung zu stellen. Oder bloß einen vom Kongress zu wählenden Premierminister zu installieren. Doch George Washington saß in der verfassunggebenden Versammlung. Ihn, den verehrten General, hatten die Delegierten der Bundesstaaten so sehr vor Augen, dass sie am Ende einen einzelnen Präsidenten wollten. Er sollte sein Land symbolisch zusammenhalten. Ein Land, dessen Durchquerung Wochen bis Monate dauerte. Trotzdem sollte der Präsident nicht so stark sein, wie er es heute ist. In den die Verfassung erläuternden „Federalist Papers“ schrieb Alexander Hamilton, die Rechte des Präsidenten in Sachen Militär seien schwach, wenn man sie mit denen des britischen Königs vergleiche – oder des Gouverneurs von New York.

So ziemlich jeder Präsident seit George Washington werkelte dann aber daran, dem Amt mehr Bedeutung zu verschaffen. Franklin D. Roosevelt schuf die starke Präsidialbürokratie. Kennedy brachte Hollywood ins Weiße Haus. Selbst Obama setzte stark auf Präsidialdekrete. Mit dem Amt mag er locker umgegangen sein. Aber die Lässigkeit, die ins Oval Office einzog, wirkte auch deshalb so sympathisch, weil die Machtfülle des Präsidenten schon vor Trump etwas Befremdliches hatte.

Wie viel moderner erscheint da doch die deutsche Kanzlerdemokratie

Die Vorstellung, ein Mann (eine Präsidentin gab es ja bisher nicht) reflektiere in sich die Interessen der Nation und treffe daher die richtigen Entscheidungen, hat etwas Vormodernes. Erwartet wird Übermenschliches, was nur Enttäuschungen hervorrufen kann. In Zeiten der Krise soll der Präsident der gütige Vater sein, der den Schmerz seiner Kinder spürt. Er soll aber auch furchtloser Beschützer sein. Vormodern ist das deshalb, weil man heute weiß, dass in einer vernetzten Welt Individuen allein nicht die besten Entscheidungen treffen. Kein Unternehmen konzentriert noch so viel Macht, mit Ausnahme der Trump Organization vielleicht. Und umgekehrt ist es kein Wunder, dass ein Autokrat wie Recep Erdogan unbedingt ein Präsidialsystem will.

Selbst ein politisches Naturtalent wie Obama musste als US-Präsident enttäuschen. Auch einem Charismatiker wie Emmanuel Macron in Frankreich könnte es so ergehen – in einem aufgeladenen Präsidentenamt, das Charles de Gaulle für sich schuf. Wie viel moderner erscheint da doch die deutsche Kanzlerdemokratie, die gerade keinen Messias erwartet; die wichtige Entscheidungen ins Kabinett hineinverlagert und Parlament wie Parteien vertraut.

Ganz so superheldenhaft übrigens kommt die Trump-Plastikfigur für 19,99 US-Dollar dann doch auch nicht daher. Sie wird angeboten mit abnehmbarer Frisur und mit „festem und haltbarem Schuhwerk, um auf den Gefühlen anderer herumzutreten“.

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