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Selbst große Namen wie die New York Times haben mit beträchtlichen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen und sind auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen für guten Journalismus.
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Medienhäuser unter Druck: Der Preis der Wahrheit

Die wirtschaftliche Lage vieler Medien ist prekär – in Entwicklungsländern, aber auch im goldenen Westen.

Die wirtschaftliche Lage von Medienhäusern und die soziale Situation von Journalisten ist weltweit ein Risiko für die Pressefreiheit und akkurate Berichterstattung. Jede Journalistendelegation aus Afrika berichtet über weit verbreiteten „Briefumschlag-Journalismus“. Bei Pressekonferenzen werden mit Geld gefüllte Briefumschläge an Journalisten ausgegeben. Oft genug fühlen sich Reporter gezwungen, auf die Korruption einzugehen: In Nigeria berichten Journalisten regelmäßig, dass sie manchmal monatelang gar nicht bezahlt werden. Aber ihre Familien müssen auch in solchen Monaten Miete bezahlen und etwas essen. Ein Reporter einer angesehenen Zeitung in Nigeria berichtete vom Angebot eines Autos im Gegenzug für freundliche Berichterstattung. Er hat abgelehnt.

In Nigeria sind Tageszeitungen und private Radios meistens darauf angewiesen, dass die Regierung oder regierungsnahe Unternehmen Werbung schalten. Sonst erodiert die wirtschaftliche Basis, denn wenn die Regierung einen Bann gegen ein Medium verhängt hat, kommt auch sonst keine Werbung mehr rein. Diese Erfahrung machte der Verleger und Pulitzerpreisträger Dele Olojede mit seiner Online-Zeitung „234 Next“ in Nigeria. „Next“ deckte als Erste auf, dass der damalige Präsident Umaru Yar Adua längst hirntot war, als die Regierung noch immer behauptete, er erhole sich in einem saudi-arabischen Krankenhaus. „Next“ konnte danach nicht auf Werbeeinnahmen aus dem Regierungsumfeld zählen. Und Olojede ist ein besserer Journalist als Manager. Im vergangenen Jahr bezahlte „Next“ seine Redakteure nicht mehr und ging schließlich endgültig in die Knie.

Aber auch in westlichen Demokratien stehen Zeitungen und private Fernsehstationen unter hohem wirtschaftlichem Druck. Die Kombination aus Wirtschaftskrise und digitaler Revolution hat den Medien schwer zugesetzt. In einer Studie des Reuters Instituts beschreibt Rasmus Kleis Nielsen, wie dramatisch sich die wirtschaftliche Lage der Medien in den USA und Europa verändert hat. In Deutschland hat die Zeitungskrise Anfang der 2000er Jahre die Pressehäuser dauerhaft in Schwierigkeiten gebracht. Zwischen 2000 und 2003 stieg der Anteil der Internetnutzer in Deutschland von 30 auf 60 Prozent, die Werbeeinnahmen sanken derweil um 25 Prozent oder 2,5 Milliarden Euro, die Auflagenverluste lagen mit sechs Prozent noch deutlich niedriger. Die Fernsehsender verloren in der gleichen Zeit 19 Prozent ihrer Werbeeinnahmen. Gleichzeitig stiegen die Werbeumsätze im Internet allerdings lediglich auf 100 Millionen Euro. Viele Medienhäuser haben darauf mit dem Abzug von Auslandskorrespondenten reagiert, und Berufsanfänger können von ihren Einstiegsgehältern kaum noch leben. All das hat spürbare Auswirkungen auf die Qualität der Berichterstattung.

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