Fünf Jahre Pontifikat von Franziskus: Der Papst hat sich selbst zum Beispiel gemacht
Franziskus hat die katholische Kirche nicht reformiert. Aber er hat sie durch sein eigenes Verhalten gestärkt – und anschlussfähig gemacht. Ein Kommentar.
Auf der Loggia des Petersdoms stand am 13. März 2013 ein Mann in schlichtem Weiß und stellte sich in die Nachfolge eines Bettelmönchs. Genau fünf Jahre später sieht die Welt in Franziskus noch immer den betont bescheidenen Papst, der sich den Menschen zuwendet, vor allem den Bedürftigen. Diesen Anspruch durchgehalten zu haben, ist schon äußerst bemerkenswert. Seine Leistungsbilanz hängt dagegen ganz vom eigenen Standpunkt ab.
Aber was heißt schon Leistungsbilanz? Als gäbe es einen festen Reformweg und man könnte seine Schritte nachzählen, die er darauf zurückgelegt hat. Für manche können das ohnehin nur die Schritte bis zur Abschaffung des Zölibats sein. Doch die Kirche ist groß, die Kurie mächtig und der Papst dann auch nur ein Mensch.
Vor einigen Jahren wurde das Wort Patchwork-Religion populär. Sich also aus jeder Religion das für sich Passende heraussuchen, aus dem Christentum waren es meistens die Inhalte der Bergpredigt, etwa die Nächstenliebe, auch die gegenüber Feinden. Die katholische Kirche wird inzwischen selbst immer mehr zum bunten Flickenteppich. Kulturelle Prägungen treten deutlicher zutage, und in einer Stadt wie Berlin bilden einzelne Gemeinden längst ganz unterschiedliche Milieus ab, die mal liberaler und mal konservativer sind.
Abwendung vom Pomp
Wie sollte ein Papst da die verschiedenen Erwartungen miteinander versöhnen, die aus aller Welt an ihn gestellt werden? Sie reichen von der Verteidigung des Ist-Zustands bis zur Anerkennung homosexueller Partnerschaften und der Zulassung von Frauen für das Priesteramt. Diese Ausdifferenzierung wird ein Papst nicht aufhalten können. Aber Franziskus hat dem dennoch etwas entgegengesetzt.
Er gibt einfach selbst ein Beispiel. Besucht Flüchtlinge. Wäscht Straftätern die Füße. Unterstützt Obdachlose. Liefert also nicht nur eine fundamentale Kapitalismuskritik („Diese Wirtschaft tötet“, „Nein zur Wirtschaft der Ausschließung“, „Nein zur sozialen Ungleichheit, die Gewalt hervorbringt“), sondern jede Menge Taten. Mit seiner Abwendung vom Pomp, vom Karneval, wie er bei Amtsbeginn gesagt hat, stärkt er nicht nur sich selbst, sondern die ganze katholische Kirche. Er stellt schließlich genau das in den Mittelpunkt, was viele Menschen, auch Nicht-Gläubige, am Christentum fasziniert: die Nächstenliebe. Der barmherzige Samariter ist nicht umsonst eine der populärsten Geschichten des Christentums.
Die Kirche bleibt dank ihm anschlussfähig
Und noch etwas hat dieser Papst gestärkt: die eigene Gewissensentscheidung von Gläubigen und Priestern. Franziskus hat Türen bewusst offen gelassen für Einzelentscheidungen. So können zum Beispiel Geschiedene unter Umständen wieder zur Kommunion zugelassen werden.
Große Reformschritte mögen ausgeblieben sein. Aber Franziskus hält die katholische Kirche dafür persönlich in dieser Welt trotz vieler Umbrüche anschlussfähig. Das menschliche Bedürfnis nach Empathie, nach Solidarität hat er aufgegriffen und in den Mittelpunkt gestellt, mit dem christlichen Wert der Barmherzigkeit.