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Der Osten braucht Geld, aber braucht er noch so viel wie bisher?
© dpa

Die Länder und der Finanzausgleich: Der Osten muss Abstriche machen

Den ostdeutschen Ländern geht es haushaltspolitisch gut - dank Finanzausgleich und Solidarpakt. Doch das Ende der Sonderförderung naht. Und das ist auch richtig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

In den Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich steckt ein strammer West-Ost-Konflikt. 25 Jahre nach dem Mauerfall ist die Schonzeit für die ehemals neuen Länder vorbei. Noch glauben sie, man könne das hoch subventionierte Aufbaudasein in die Zukunft verlängern. Aber es wird nicht so kommen. Die ostdeutschen Länder, und dazu gehört auch Berlin, werden sich auf eine neue Zeit einstellen müssen. In der sie die Normalität entdecken werden.

Es sind besonders jene West-Länder, die in den letzten 25 Jahren entdecken mussten, was ein relativer Abstieg ist, die jetzt aufbegehren. Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, auch Niedersachsen sind einerseits von den dynamischen Zahlerländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen abgehängt worden. Und sie mussten und müssen andererseits zuschauen, dass sehr viel Geld Richtung Osten floss und fließt. Manche Regionen in den West-Ländern hängen inzwischen durch, in der Pfalz, im Ruhrgebiet, in Ostfriesland. Es ist kein Wunder, dass sich die besonders hoch verschuldeten Kommunen vor allem in diesen Ecken finden. Die NRW-Regierungschefin Hannelore Kraft zürnt schon länger, weil sie im Finanzausgleich und in der Förderpolitik des Bundes eine Schlagseite Richtung Ost erkennt, die aus ihrer Sicht nicht mehr zu rechtfertigen ist. Und sie liegt  da nicht ganz falsch.

 Vor allem NRW macht Druck

Die NRW-Regierung rechnet vor, dass sie je Einwohner deutlich weniger ausgeben kann als die Regierungen in Sachsen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern. 3375 Euro sind es in NRW nach den Zahlen aus Düsseldorf, im Osten sind es im Schnitt 4258 Euro. Das geht nicht zuletzt auf die Sonderzuweisungen des Bundes zurück. Man hat die Ost-Haushalte lange Zeit - völlig zurecht - überdurchschnittlich gefüllt, doch nun ist die Frage, ob sich das nicht möglicherweise zu einer Überförderung ausgewachsen hat. Der Osten ist wirtschaftlich schwach, keine Frage, aber die Landessäckel sind überdurchschnittlich voll.

Die ostdeutschen Finanzminister sind in der komfortablen Situation, dass sie entscheiden können, wie sie mit dem vielen Geld umgehen sollen: Schulden tilgen, Rücklagen bilden für die Zeit nach dem Solidarpakt, in Investitionen gehen? Haushaltspolitisch geht es dem Osten  gut. Einigen Ländern im Westen geht es, so gesehen, nicht so gut. Dass die Verantwortlichen in NRW am miesen Zustand des Landesetats auch selber Schuld tragen, dank des jahrelangen SPD-Filzes in Düsseldorf, an dessen Ende das Desaster der Landesbank WestLB stand (mit fatalen Folgen für den Etat), ist wahr. Und das Land wird daran noch lange zu tragen haben. Aber es ist Vergangenheit, aus der Kraft & Co. hoffentlich etwas gelernt haben.

Offenkundige Schieflage

Angesichts der offenkundigen Schieflagen war der Versuch der Ost-Ministerpräsidenten nicht sonderlich glücklich, in ihrem Positionspapier aus der vorigen Woche trotzig auf einer Sonderförderung für den Osten zu beharren und den Eindruck zu erwecken, dass sie am liebsten gar keine Änderungen am bisherigen Finanzausgleich vornehmen würden. Aber die Zeit der Sonderförderung Ost ist vorbei. Es wird Normalität einkehren müssen. In dieser Normalität wird der Osten über den Finanzausgleich zwar immer noch viel Geld bekommen, denn die Wirtschaft im Osten hat weiterhin zu wenig Kraft, die Steuerbasis ist zu schwach (sie liegt bei 50 bis 60 Prozent des Durchschnitts). Solidarität ist also weiter nötig, und sie wird auch geübt werden. Aber die Summen, die in den Osten fließen, werden sinken. Und der Osten kann damit leben. Zumal er einige Probleme nicht hat, welche die West-Länder plagen: insgesamt weniger Schulden, vor allem in Sachsen, und keine hohen Pensionslasten. Auch von daher ist es in Ordnung, mehr Geld in die schwachen Regionen im Westen zu lenken. Die neue Normalität sieht dann einfach so aus, dass die Finanzströme deutlich ausgewogener sein werden als in den letzten zwei Jahrzehnten. Ein Vierteljahrhundert nach der Einheit ist es Zeit für eine Zäsur und die Einbindung der Ost-Länder in die bundesstaatliche Normalität.

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