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Stephen Bannon (r.) soll Donald Trump zuletzt mit einem Interview verärgert haben.
© dpa

Aus für Chefstrategen des US-Präsidenten: Der Oberpopulist verlässt das Weiße Haus

US-Präsident Donald Trump feuert seinen umstrittenen Chefstrategen Stephen Bannon. Sein Abschied muss nicht bedeuten, dass die Regierung ihren rechtspopulistischen Kurs aufgibt – im Gegenteil.

Stephen Bannon war vorbereitet. Schon vor einiger Zeit soll der 63-jährige Oberpopulist in Donald Trumps Weißem Haus zu Vertrauten gesagt haben, er rechne jeden Tag mit seiner Entlassung. Am Freitag war es dann soweit, wie das Weiße Haus mitteilte. Der Präsident feuerte seinen umstrittenen Chefstrategen, nachdem dieser in den vergangenen Tagen zunehmend unter Druck geraten war. Bannons Abschied bedeutet aber nicht automatisch, dass die Trump-Regierung ihre rechtspopulistische Linie aufgibt. Das Gegenteil könnte der Fall sein.

Bannon ist der vierte hochrangige Mitarbeiter von Trump, der innerhalb weniger Wochen das Weiße Haus verlassen hat. Im Juli waren Sprecher Sean Spicer, Stabschef Reince Priebus und Kommunikationsdirektor Anthony Scaramucci ausgeschieden.

Der neue Stabschef, der ehemalige General John Kelly, soll bei Bannons Abschied eine wichtige Rolle gespielt haben: Bannon war Kopf einer rechtspopulistischen und isolationistischen Fraktion in der Regierung, die sich ständige Machtkämpfe mit Realpolitikern wie Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster und Kelly selbst lieferte. Zudem überwarf sich Bannon mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, einem einflussreichen Berater des Präsidenten.

Ob der Posten neu besetzt wird, ist offen

In der offiziellen Mitteilung des Weißen Hauses hieß es, Kelly und Bannon seien sich einig gewesen, dass Freitag der letzte Arbeitstag des Chefstrategen im Präsidialamt sein würde. Ob der eigens für Bannon geschaffene Posten neu besetzt wird, blieb offen. Wie mehrere Medien berichteten, hatte Bannon selbst am 7. August um seine Entlassung gebeten.

In den vergangenen Tagen sah sich Trump wachsenden Forderungen nach der Entlassung von Bannon gegenüber. Der frühere Leiter der rechtsgerichteten Internetplattform Breitbart News unterstützte Trumps Aussagen, wonach die rechtsextreme Gewalt in der Stadt Charlottesville am vergangenen Wochenende zum Teil das Verschulden von Gegendemonstranten war. Trump hatte gesagt, unter den rechtsgerichteten Demonstranten von Charlottesville seien „einige sehr feine Leute“ gewesen. In der Stadt hatte ein mutmaßlicher Neonazi eine Frau getötet und 19 weitere Menschen schwer verletzt.

Möglicherweise gaben Äußerungen Bannons im linksliberalen Magazin „American Prospect“ den letzten Ausschlag für seine Entlassung. Darin betonte Bannon unter anderem, Trumps Drohung, militärisch gegen Nordkorea vorzugehen, sei ein Bluff. Zudem äußerte er sich sehr abschätzig über die Realpolitiker im Weißen Haus. Bannon erklärte im Anschluss, er habe nicht gewusst, dass die Journalisten aus seiner Unterhaltung mit Vertretern des Magazins zitieren wollten. Laut Medienberichten hatte Trump bereits im Frühjahr sehr verärgert auf Pressemeldungen reagiert, die Bannon als mächtigsten Strippenzieher im Weißen Haus porträtierten.

US-Bürgerrechtsgruppen begrüßten die Entlassung

Bannon bezeichnet sich selbst als wirtschaftspolitischen Nationalisten und Globalisierungsgegner. Er gilt als treibende Kraft hinter Trumps These, wonach andere Staaten unter dem Vorwand des Freihandels die USA benachteiligen und einen massiven Arbeitsplatzabbau in Amerika bewirkt haben. Der Chefstratege war auch maßgeblich an Schritten zur Umsetzung einer restriktiven Einwanderungspolitik wie dem umstrittenen Muslim-Bann beteiligt. Zudem hatte Bannon der Regierungsbürokratie in Washington den Kampf angesagt.

Vertreter von US-Bürgerrechtsgruppen begrüßten Bannons Entlassung als überfällig. Unmittelbar zuvor hatten sich maßgebliche Politiker aus Trumps Regierungspartei der Republikaner vom Präsidenten distanziert. Nach seiner Entlassung werde Bannon nun „Krieg“ gegen Trump führen, schrieb der konservative Kommentator Ben Shapiro auf der Website „Daily Wire“. Außerhalb des Weißen Hauses habe Bannon mehr Macht als in der Regierung.

Bannon hat mächtige Verbündete. So unterstützten erzkonservative Politiker im Kongress den Chefstrategen besonders wegen dessen Ansage, den „administrativen Staat“ in der US-Hauptstadt zerstören zu wollen. Deshalb gilt Bannons Entlassung als Sieg der Realo-Fraktion im Weißen Haus und in der Regierung, zu der neben Kelly und McMaster auch Außenminister Rex Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis gehören. Diese Akteure hoffen, dass die Regierungsarbeit jetzt in geregelteren und berechenbareren Bahnen verlaufen wird.

Ob sich diese Hoffnung erfüllt, hängt nicht zuletzt von Bannons weiteren Schritten ab. In Medienberichten wird spekuliert, der 63-jährige könne ohne die Einbindung in die Disziplin der Regierungsarbeit zu einem gefährlichen populistischen Gegenspieler des Präsidenten werden und die Regierung auf einen rechtspopulistischen Kurs zwingen. Laut der Nachrichten-Website „Axios“ sagte Bannon einem Vertrauten, er fühle sich ohne seine Verpflichtung im Weißen Haus befreit. Der rechtskonservative Milliardär Bob Mercer könnte als Geldgeber für Bannons bevorstehende Aktivitäten fungieren.

Bannon bezeichnete die rechtsgerichtete Breitbart-Plattform als seine „Killer-Maschine“, wie „Axios“ meldete. Der Kampf gegen die Globalisierungsanhänger in den USA werde ab sofort erheblich verschärft. Breitbart fährt bereits seit Wochen eine Kampagne gegen Realpolitiker wie Sicherheitsberater McMaster.

Spekuliert wird auch über die Möglichkeit, dass Bannon bei rechtsgerichteten Wählern für Trump werben werde, was ebenfalls eine realpolitische Linie der US-Regierung – mit den dafür erforderlichen Kompromissen – erheblich erschweren würde.

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