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Das Bundesverfassungsgericht verhandelt diese Woche über ein mögliches Verbot der NPD.
© epd

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister zum Antrag auf Parteienverbot: „Der NPD wird der Mantel des Biedermanns entrissen“

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier im Interview über die am Dienstag beginnende Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über ein Verbot der NPD.

In welcher Stimmung fahren Sie nach Karlsruhe? Glauben Sie an ein Verbot?

Ich bin überzeugt, dass in den drei Tagen, in denen ich persönlich auch komplett in Karlsruhe sein werde, der NPD der Mantel des Biedermannes entrissen wird. Und jeder wird sehen, dass hinter der Fassade des „Kümmerns um die kleinen Leute“ nichts anderes steht als das Bestreben, unseren sozialen Rechtsstaat, unsere freiheitlich demokratische Grundordnung abzuschaffen und durch eine neue, fremdenfeindliche, rückwärtsgewandte Diktatur zu ersetzen.

Als Innenminister des Bundeslandes, in dem die Partei leider auch im Landtag vertreten ist, habe ich seit Beginn meiner Amtszeit das Verbotsverfahren vorangetrieben, dafür meinen Verfassungsschutz umgebaut und war sozusagen die Lokomotive im Zug der 16 Innenminister, als 2012 auf der Innenministerkonferenz in Warnemünde der Beschluss gefasst wurde, das Verbotsverfahren zu betreiben. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich sehe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts alles andere als gelassen entgegen. Vielmehr spüre ich eine gewisse Spannung, aber auch Genugtuung.

Lorenz Caffier (61) ist seit 2006 CDU-Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern und seit 2011 auch stellvertretender Regierungschef.
Lorenz Caffier (61) ist seit 2006 CDU-Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern und seit 2011 auch stellvertretender Regierungschef.
© Jens Büttner/dpa

Wie groß ist die Gefahr, dass die NPD dem Bundesverfassungsgericht einen enttarnten V-Mann präsentiert und der dann zum Verfahrenshindernis wird?
Wir haben aus der Entscheidung von 2003 gelernt und das jetzige Verbotsverfahren konsequent und konzentriert vorbereitet. Alle Innenminister haben entsprechende Testate zur Quellenfreiheit abgegeben. Ich gehe natürlich davon aus, dass auch in diesem Verfahren die NPD versucht, unter dem Schutz der demokratischen Normen mit juristischen Winkelzügen von ihrer Verfassungsfeindlichkeit abzulenken.

In Ihrem Land sitzt die bundesweit einzige Landtagsfraktion der NPD. Was haben die Rechtsextremen im Schweriner Parlament in den vergangenen zehn Jahren zustande gebracht?
Nichts Gutes, soviel ist schon einmal sicher. Im Gegenteil! Sie haben mit den Fraktionsgeldern, die die NPD im Landtag bekommt, also mit Steuergeldern in zweistelliger Millionenhöhe, ihren Propagandaapparat und ihre Bürgerbüros finanziert.

Alle Politiker, egal von welchen Fraktionen, erklären der Bevölkerung immer, dass es sich bei der NPD um eine verfassungsfeindliche Partei handelt. Und im gleichen Atemzug sollen sie der Bevölkerung sagen: Wir wissen zwar, dass die NPD verfassungsfeindlich ist – aber dafür darf sie im Landtag und kommunalen Parlamenten sitzen. Dieser Widerspruch muss endlich einmal geklärt werden.

Wie groß ist das Risiko, dass im Falle eines NPD-Verbots die AfD profitiert sowie die Szene der Neonazis mit ihren Parteien „Die Rechte“ und „Der Dritte Weg“?
Mit einer Entscheidung über ein Verbot der NPD endet ja nicht die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Ein Verbot dieser Partei heißt nicht, dass es keinen Rechtsextremismus mehr gibt. Das wäre illusorisch und hat auch niemand behauptet. Wir können nur deren Strukturen, die Logistik und deren Finanzierung zerstören, nicht aber das Gedankengut. Das ist eine Aufgabe, der sich alle stellen müssen – möglicherweise noch intensiver als bisher. Es spricht vieles dafür, dass man sich in der Rechtsextremistenszene Gedanken über den möglichen Fall X macht.

Sie setzen sich seit Jahren für ein Verbot der NPD ein und werden von Neonazis geschmäht. Was würde das Ende der Partei für Sie persönlich bedeuten?
Mir ist natürlich bekannt, dass ich nicht gerade der beliebteste Gegenspieler der NPD bin, sondern sogar im Fadenkreuz der Rechtsextremisten liege. Ein Ende der Partei würde für mich und alle, die dieses Ziel mitverfolgen, bedeuten, dass es sich gelohnt hat, darauf hinzuarbeiten und alle Energie aufzuwenden, den braunen Sumpf trockenzulegen und damit die Demokratie zu stärken.

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