Bund-Länder-Finanzen: Der neue Plan von Wolfgang Schäuble
Ein erster Anlauf, die Bund-Länder-Gespräche zum neuen Finanzausgleich zum Kompromiss zu bringen, ist gescheitert. Nun tastet sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit einem neuen Vorschlag vor.
Kann Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach dem Scheitern des so genannten Integrationsmodells beim Solidaritätszuschlag die Länder für eine Alternativlösung gewinnen? Schäuble hatte im Zuge der Bund-Länder-Gespräche über einen neuen Finanzausgleich zusammen mit dem Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz im Herbst einen Vorschlag präsentiert, demzufolge der Soli – eine Ergänzungsabgabe, die mit dem Aufbau Ost verbunden ist - ab 2019 in die normale Einkommensteuer integriert worden wäre. Damit wollte Schäuble Widerstände in den Ländern auflösen, denn der Soli fließt bisher allein dem Bundesetat zu, die Einkommensteuer aber teilen sich Bund, Länder und Kommunen. Länder und Kommunen hätten so mit einem Anteil von 57 Prozent mehr Geld gehabt. Doch haben im Februar sowohl die Bundeskanzlerin als auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer dagegen ein Veto eingelegt. Sie fürchten, dass die Integrationslösung als verkappte Steuererhöhung wahrgenommen wird. Die SPD-geführten Länder, die weiter hinter dem Integrationsmodell stehen, haben daraufhin eine Ersatzlösung verlangt. Der Finanzausgleich muss neu tariert werden, weil die bisherige Regelung zusammen mit dem Solidarpakt II für die Ost-Länder 2019 ausläuft.
Der Bund bietet sieben Milliarden Euro
Schäuble hat nun, nachdem er sich schon vor Wochenfrist mit den Unions-Ministerpräsidenten darüber unterhalten hat, auch seine Finanzministerkollegen aus den Ländern über einige Grundzüge dieser Ersatzlösung unterrichtet. Zusammengenommen rundet sich nun das Bild. Offenbar will der Bund nach 2019 den Ländern eine Summe von sieben Milliarden Euro jährlich zukommen lassen. Das entspräche in etwa dem Länderanteil bei der Integrationslösung, wenn man annimmt, dass die Soli-Einnahmen 2019 bei etwa 17 Milliarden Euro liegen werden. Die zusätzlichen Bundesmittel würden sich nach Informationen des Tagesspiegels auf vier Felder verteilen. So könnten die so genannten Entflechtungsmittel, die der Bund den Ländern bis 2019 für gemeinsame Programme zahlt, die bei der Föderalismusreform 2006 abgeschafft wurden, unbefristet verlängert werden. Zusammen belaufen sich diese Mittel auf knapp drei Milliarden Euro. Sie könnten über eine Änderung der Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Ländern transferiert werden. Zudem könnte der Bund den ostdeutschen Ländern eine neue Sonderergänzungszuweisung gewähren, mit der auch die Fortführung des Soli über 2019 hinaus begründet werden könnte – die Unions-Führung will die Abgabe bis 2030 abschmelzen. Hier steht eine Summe von zwei Milliarden Euro jährlich im Raum; die Ost-Ministerpräsidenten haben wohl mit Blick darauf in der Vorwoche in einem Positionspapier nochmals auf einen fortbestehenden Investitionsbedarf in ihren Ländern hingewiesen. Mit 500 Millionen werden die Zinshilfen für Bremen und das Saarland beziffert. Zudem müsste der Bund einen Zusatzbetrag von 1,5 Milliarden Euro in das Finanzausgleichssystem einspeisen, wenn es zu zwei weitreichenden Änderungen käme, die derzeit debattiert werden: die Abschaffung des besonderen Länderausgleichs bei der Umsatzsteuer (eine Forderung vor allem von Nordrhein-Westfalen) und eine Einbeziehung der Kommunalfinanzkraft im Finanzausgleich zwischen den Ländern zu hundert Prozent statt wie bisher nur zu 64 Prozent, was die schwächeren Länder begünstigen würde.
In Düsseldorf reagiert man freundlich
Schäuble hat dieses Modell bisher nur grob skizziert. Ob die Einbeziehung der kompletten Kommunalfinanzen in den Ausgleich machbar ist, steht dahin. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen haben das bisher strikt abgelehnt. In Düsseldorf stößt Schäuble dagegen eher auf Zustimmung. Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagt, aus Sicht Nordrhein-Westfalens sei „die geplante Aufgabe zwei getrennter Ausgleichssysteme für die Umsatzsteuer und die übrigen Steuereinnahmen ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. NRW zahlt beim Umsatzsteuerausgleich, der ersten Stufe im bisherigen System, noch eine Milliardensumme ein, wird jedoch wegen seiner relativen Schwäche bei anderen Steuerarten in den weiteren Stufen zum Nehmerland. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass Nordrhein-Westfalen es nicht länger hinnehmen wird, jedes Jahr netto rund 1,5 Milliarden Euro an andere zu zahlen, aber als Almosenempfänger hingestellt zu werden“, sagt Walter-Borjans. Er betont jedoch auch den Effekt dieser Änderung: Es macht die Stärkeren stärker. Der Bund muss daher jene zusätzlichen Mittel ins System pumpen. Walter Borjans sagt, „dazu hat sich der Bundesfinanzminister ausdrücklich bekannt“. Nach de Düsseldorfer Rechnung würde der Bund selbst bei einem Abbau des Soli bis 2030 noch rund 200 Milliarden Euro für die Bundeskasse einnehmen. „Es muss klar sein, dass diese Mittel nicht für die Sanierung des Bundeshaushalts, sondern für Zukunftsinvestitionen in Ost und West eingesetzt werden müssen“, fordert er. Das würde auf eine Bundesförderung nicht nur für den Osten hinauslaufen. Das Fazit von Walter-Borjans: Schäuble habe jetzt „erste bemerkenswerte Ideen präsentiert, mehr aber noch nicht“.