Israel und Deutschland: Der Meinungskrieg zum Nahostkonflikt ist unwürdig
Bist du für Israel oder die Palästinenser? Warum der Meinungskrieg und die Demonstrationen in Deutschland Juden Angst machen. Ein Kommentar.
Es herrscht Krieg im Nahen Osten. Raketen werden abgefeuert. Kampfjets fliegen Angriffe. Menschen suchen Schutz. Es wird geweint, gelitten und gestorben. Wie schon seit Jahren nicht mehr ist der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis eskaliert. Die Hamas überzieht von Gaza aus den jüdischen Staat mit einem fast pausenlosen Geschosshagel, die Führung in Jerusalem macht von Israels Selbstverteidigungsrecht Gebrauch und schlägt massiv zurück. Und es sieht momentan nicht danach aus, dass sich die Lage bald beruhigt.
In Deutschland ist ein Meinungskrieg zum Nahost-Konflikt ausgebrochen
Gleiches gilt für Deutschland. Auch hier brennt es. Ein Meinungskrieg ist in vollem Gange. Bist du für die Palästinenser oder für die Israelis? Diese Frage wurden bereits mit einem Furor gestellt, als sich der Konflikt im Nahen Osten gerade erst hochschaukelte. Seitdem wird gestritten, gepöbelt und gedroht. Selbst in den Wahlkampf hat das Thema bedauerlicherweise Einzug gehalten. Dabei taugt Krieg und Leid so gar nicht dafür.
Manche Wortmeldungen muss man aushalten, so schwer einem das fällt. Jeder hat das Recht, seine Auffassung kundzutun. Doch einiges ist unerträglich und nicht zu tolerieren. Was sich Juden in Deutschland seit einigen Tagen anhören und erleben müssen, ist infam, verstörend – und viel zu oft sogar antisemitisch.
Was sich Juden in Deutschland seit einigen Tagen anhören und erleben müssen, ist infam, verstörend
Das beginnt damit, dass Jüdinnen und Juden zum Beispiel bei Twitter aufgefordert werden, sie müssten sich klar von Israel und seiner Palästinenserpolitik distanzieren. Tun sie das nicht, schlägt ihnen unverhohlener Hass entgegen. Einer, der vor Antisemitismus trieft. Denn wer ein solches Bekenntnis erzwingen will, unterstellt dem Judentum in Deutschland, es sei nichts anderes als ein Außenposten Israels. Dahinter steckt der bösartige Vorwurf der Illoyalität – eines der ältesten Vorurteile gegenüber Juden. Vom gerade in Deutschland gerne erhobenen Vorwurf, Israel würde mit Nazi-Methoden vorgehen, ganz zu schweigen.
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Klar, die Führung in Jerusalem darf kritisiert werden. Aber den jüdischen Staat delegitimieren, ihm gar das Existenzrecht absprechen, überschreitet eine Grenze. Wer dies tut, entlarvt sich selbst. Zeigt, dass ihm der Nahostkonflikt ein willkommenes Vehikel ist, um Judenhass freien Lauf zu lassen.
Das gilt nicht nur für den ungezügelten digitalen Raum, sondern auch für den analogen. Kaum flog Israels Armee Gegenschläge auf Hamas-Ziele in Gaza, da waren die ersten Gewaltbereiten auf deutschen Straßen unterwegs, steckten israelische Fahnen in Brand und attackierten Synagogen. Dabei skandierten sie wie in Gelsenkirchen „Scheiß Juden“ oder „Kindermörder Israel“. Es sind Sätze und Bilder, die beschämen. Jetzt werden die Sicherheitsvorkehrungen vor jüdischen Einrichtungen verschärft. Wieder einmal.
Juden in Deutschland fragen sich: Warum lasst ihr die Antisemiten gewähren?
Kein Wunder, dass Juden in Deutschland entsetzt sind, Angst haben. Und sich fragen: Wo bleibt die Solidarität mit uns? Warum lasst ihr Antisemiten gewähren? Weshalb macht man uns für den Nahostkonflikt verantwortlich? Alles zwingende Fragen, die so beantwortet werden müssen, dass Juden sich ohne Wenn und Aber als Teil dieses Landes fühlen können.
Und den Israel- und Judenfeinden sei nochmals gesagt: Die Aggression in der jüngsten Runde des Nahostkonflikts ging von der Hamas aus – nicht von Israel. Was das für die Palästinenser bedeutet, ist den Islamisten egal.
Und Israel? Wehrt sich gegen den Dauerbeschuss, will seine Bürgerinnen und Bürger schützen. Wie es jeder andere Staat auch tun würde.