Deutscher Botschafter Martin Erdmann: Der Mann, der Erdogan Pressefreiheit erklärt
Martin Erdmann ist deutscher Botschafter in der Türkei. Jetzt muss er Präsident Recep Tayyip Erdogan Satire und Pressefreiheit erklären. Ein Porträt.
Martin Erdmann ist Westfale, aus Münster gebürtig. Über die Westfalen muss man wissen, erstens mal, dass sie das halten, was die Rheinländer versprechen. Dann die westfälische Direktheit: für Nordlichter wunderbar, für Bayern und andere Südländer eher nicht. Dabei will der Westfale nicht unhöflich sein oder einen andere vor den Kopf stoßen – er will nur seine Zeit nicht mit Gerede verschwenden. In dieser Hinsicht versteht er sich gut mit Berlinern.
So einer ist deutscher Botschafter in Ankara; Martin Erdmann, 61, groß und stämmig, von Gestalt und Gesinnung. Und nicht leicht zu erschrecken. Keiner, der viel drumherum redet. Das hat Erdmann schon nicht in seinen insgesamt neun Jahren, die er im Außenministerium mit der Presse zu tun hatte, länger mit Klaus Kinkel als Minister, ein gutes halben Jahr mit Joschka Fischer. Alle nicht einfach, alle sensibel. Aber weil auf Erdmanns Worte Verlass ist, kamen eigentlich alle gut mit ihm klar.
Er wird ihm sagen: Wir lassen uns nicht erpressen!
Im Anschluss war er Gesandter bei der Nato, Ständiger Vertreter dort, Botschafter, jetzt ist er das – seit August letzten Jahres – im Reiche des Recep Tayyip Erdogan. Dessen Außenminister trifft Erdmann in jüngster Zeit öfter, vermutlich aber öfter, als beiden lieb ist. Wie oft geht es um Beschwerden des Präsidenten! Nicht nur, dass der keinen Humor hat – Erdogan hat auch ein seltsames Verständnis von Presse- und Meinungsfreiheit. Kurz: Es gilt nur seine Meinung.
Da ist er bei Erdmann aber am Richtigen. Der kennt die Historie, der kennt die Politik, der weiß um die Bedeutung des Rechts auf eine eigene Meinung. Er sagt ja auch seine. Solche Vertreter braucht die Demokratie und die Diplomatie. Zumal jetzt in Ankara. Nicht dass er im Smoking keine gute Figur machte – Erdmann ist nur kein Vertreter der „Lackschuhfraktion“. Und Leisetreter sowieso nicht.
Immerhin hatte das AA, das Auswärtige Amt, zwischendurch Laut gegeben: in Form eines Tweets. Sehr viel war das ja nicht, anfangs. Wahrscheinlich allerdings so, um das Wesentliche schon mal in aller Kürze zu sagen, keine Zeit zu verschwenden, geradezu westfälisch. Irgendwie passt das auch diplomatisch.
Was soll man mehr sagen als: Wir haben Presse- und Meinungsfreiheit! Punktum! Erdmann wird aber doch wohl in seinen Unterredungen außerdem sagen: Wir lassen uns nicht erpressen! Vielleicht nicht ganz so, diplomatisch geschliffener, nur nicht drumherum. Dass es eine Art hat. Seine Art.