Pegida: "Der Lutz von der Straße" gründet eine Partei
Pegida-Chef Lutz Bachmann behauptet, eine neue Partei gegründet zu haben. Aber der Bundeswahlleiter hat noch keine Unterlagen. Der AfD will Bachmann keine Konkurrenz machen.
"Dresden 2016 - Hauptstadt der bürgerlichen außerparlamentarischen Opposition von Deutschland" steht auf einem großen Schild an der Bühne, von der Lutz Bachmann spricht. Pegida paradox am Montagabend in Dresden: Es ist die Bühne auf dem Wiener Platz am Hauptbahnhof, auf der der Pegida-Anführer die Gründung einer neuen Partei ankündigt, der "Freiheitlich direkt-demokratischen Volkspartei", kurz FDDV. "Unsere Kleinpartei", wie Bachmann sagt.
Außerparlamentarische Opposition oder Teilnahme an Wahlen? "Pegida ist die AfD auf der Straße, und die AfD ist Pegida als Partei in den Wahlkabinen", hatte der Dresdner Politikprofessor Werner Patzelt kürzlich bei der Vorstellung eines Buches über Pegida erklärt.
Trotz der laut Bachmann angeblich schon am 13. Juni vollzogenen Parteigründung und der baldigen Veröffentlichung von Vorstand, Satzung und Programm im Internet bleibt allerdings zunächst offen, wie sich die Anti-Islam-Bewegung Pegida mit ihrer FDDV einbringen will. Vor vier Wochen hatte Bachmann auf Facebook einen Gründungsparteitag noch im Juni angekündigt, um, wie er damals sagte, Pegida mit der rechtspopulistischen AfD "auf Augenhöhe" zu einer "gemeinsamen Kraft" zu vereinen.
Den Parteitag gab es nicht, zumindest nicht öffentlich. Die Gründungsaktivitäten fanden ganz offenbar nur im Hinterzimmer statt. Und die genauen Strukturen und Inhalte bleiben weitgehend offen. Beim Bundeswahlleiter in Wiesbaden sind bis zum Dienstag keine Unterlagen zur Gründung der FDDV eingegangen, wie eine Sprecherin auf Anfrage erklärte.
Vorerst ist damit nur das bekannt, was Bachmann selbst sagt über die neue Partei. "Mit dieser wollen wir keineswegs - das ist wichtig zu sagen - in direkte Konkurrenz zur AfD treten, im Gegenteil", erläutert der Pegida-Chef vor geschätzt 1800 bis 2400 Zuhörern. "Wir werden diese AfD unterstützen beim nächsten Bundestagswahlkampf und nur in ganz ganz wenigen Landkreisen oder Wahlbezirken Direktkandidaten aufstellen". Er erklärt weiter: "Wichtig ist, dass das nichts mit Pegida zu tun haben wird." Deshalb sei auch "bewusst ein anderer Name" gewählt worden.
Gegründet worden sei die neue Partei vor allem, um gegen ein angeblich drohendes Verbot des Pegida-Vereins, verbunden mit einer Enteignung der Vorstandsmitglieder, gewappnet zu sein. Dieses schwebe "wie ein Damoklesschwert über uns", behauptet Bachmann. Pläne in dieser Richtung schmieden nach seiner Darstellung unter anderem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU). "Dem sind wir einfach zuvorgekommen", sagt Bachmann, denn ein Verbot einer Partei sei deutlich schwieriger als das eines Vereins.
Streit um AfD-Redner bei Pegida
Bachmann versichert: "Ich werde persönlich in dieser Partei keine Funktion innehaben. Ich bleibe der Lutz von Pegida auf der Straße." In die Vorbereitungen ist er aber offenbar eingebunden: Die Domain der neuen Website ist auf ihn registriert. Bachmann erläutert, Pegida werde "Kontrollorgan dieser Partei". Und. "Wenn die Mist bauen, treten wir denen genauso in den Arsch."
Die AfD reagierte reserviert auf die Ankündigung Bachmanns. "Man darf gespannt sein", kommentiert der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Marcus Pretzell auf Twitter. Er ist der Lebensgefährte von Parteichefin Frauke Petry, die sich zur Gründung der FDDV zunächst nicht äußern will, um, wie es aus ihrer Umgebung heißt, "das Projekt nicht aufzuwerten".
AfD-Vize Alexander Gauland betont, die neue Partei stelle für ihn keine Konkurrenz dar. "Und auf deren Hilfe können wir getrost verzichten." Sachsens AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer ist gegen eine Kooperation mit der FDDV. Die Pegida-Führung um Bachmann sei "absolut zu unstet", sagt er: "Wir haben ein Problem mit dem Orga-Team." Anders sei dies mit den Anhängern, die sich montags in Dresden zu den Kundgebungen versammelten. "Wir haben uns immer hinter die Leute, die auf die Straße gehen, gestellt."
Bachmann behauptet, Pegida habe "guten Kontakt zu einigen Landesverbänden in ganz Deutschland ". Nur für Sachsen - wo Petry auch AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzende ist - stellt er eine "Eiszeit" und ein "etwas frostiges" Verhältnis fest. Petry betrachtet Pegida als Konkurrenzunternehmen - und versucht in der Partei durchzusetzen, dass es keine Kooperation und Zusammenarbeit mit der Bachmann-Truppe geben soll.
Führende Vertreter anderer AfD-Landesverbände hatten sich der Petry-Linie widersetzt. Der sachsen-anhaltische AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas sprach Anfang Mai bei Pegida in Dresden. Wenige Tage später verpflichtete der thüringische AfD-Chef Björn Höcke Pegida-Wortführer Siegfried Däbritz als Redner für eine Kundgebung in Erfurt.
Die beiden Auftritte beschäftigten vor wenigen Tagen das Bundesschiedsgericht der AfD. Dieses empfahl, Reden und Auftritte von AfD-Mitgliedern bei Pegida und die Einladung an Pegida-Redner nicht mit Sanktionen zu belegen. Ob der Bundesvorstand dem zustimmt, ist fraglich. Viele in dem Gremium wollen stattdessen eine "grundsätzliche Klärung". Wie diese letztlich aussehen soll, ist offen.