In der unteren Liga: Pegida – eine Anleitung
Die Anhänger der rechten Bewegung verhalten sich wie Fans eines erfolgslosen Fußballclubs, findet der Politikwissenschaftler Werner Patzelt.
Je länger Werner Patzelt darüber nachdenkt, desto besser gefällt ihm das Bild. Mit Pegida-Anhängern, sagt der Dresdner Politikwissenschaftler, verhalte es sich wie mit Fans eines „Fußballclubs in einer niedrigen Liga“. Die kämen auch jeden Sonntag auf den Platz, erlebten „ein ziemliches Gerumpel“ ihrer Mannschaft und eine Vereinsführung, deren strategische Fähigkeiten „eher begrenzt“ seien.
Der Aufstieg also – Patzelt grinst – liege in weiter Ferne. Aber die „Treue zur Sache“, das „Gemeinschaftsgefühl“ hätten eine so hohe Bindekraft, dass sich die Reihen kaum lichteten.
Das, betont Patzelt, ist die „eher harmlose Seite der Medaille“: Dass die ausländer- und islamfeindliche Pegida-Bewegung noch lange Zeit in Dresden Montag für Montag zwischen zwei- und dreitausend Menschen mobilisieren wird. Diese Demonstrationen seien die „Sackgasse“, in die die Pegida-Organisatoren ihre Mitläufer geführt hätten. „Die wissen nicht recht, was sie wollen.“
Für gefährlicher hält der Politologe, der am Dienstag ein 667-Seiten- Buch zur Bewegung, ihrer Entstehung, Programmatik und daraus resultierenden Herausforderungen präsentierte, die andere Seite der Medaille. Für Patzelt ist Pegida vor allem ein „zu lange unterschätzter Vorbote des aufkeimenden europäischen Rechtspopulismus“.
Indem die Bewegung von Medien und Politik pauschal in die rechte Ecke gestellt worden sei, seien „wichtige Warnsignale“ übersehen worden. Um im Fußball-Bild zu bleiben: Mit ein paar Profis an der richtigen Stelle würde Pegida längst nicht mehr in unteren Ligen herumdümpeln.
AfD und Pegida – zwei Seiten derselben Medaille
Und hier ist Patzelt schnell bei der AfD. Die schlage aus den Problemen der Bürger und den Themen von Pegida „massiv politisches Kapital“. Für Patzelt sind die Bewegung und die Protestpartei ebenfalls zwei Seiten derselben Medaille: Pegida sei „die AfD auf der Straße“, und die AfD sei „Pegida in der Wahlkabine“.
Deshalb warnt der Professor in seinem „Was tun?“ überschriebenen Schlusskapitel auch davor, die „Fehler im Umgang mit Pegida jetzt bei der AfD zu wiederholen“. Denn wohin „unentschlossener Umgang“ und „Unterschätzung“ geführt hätten, habe unter anderem die sächsische CDU „bitter zu spüren bekommen“.
Sachsens CDU-Landtagspräsident Matthias Rößler, der als Buch-Laudator eingeladen ist, kann an dieser Stelle nur gequält lächeln. Die Botschaft ist Patzelt aber wichtig. Ebenso wie die Feststellung, dass – im Gegensatz zum Etikett als „Pegida-Versteher“, das dem Politologen anhaftet – seine Aussagen und Studien und damit also das Buch „von Anfang an auf konkreter Anschauung und empirischen Befunden beruht“ hätten. Und „zu keiner Zeit auf Wunschvorstellungen“.