Angela Merkel schwänzt Treffen in New York: Der Klimagipfel ist eine Chance für Europa
Der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will die Welt auf einen wirksamen Klimaschutz einschwören. Die ehemalige Klimakanzlerin Angela Merkel schwänzt den Gipfel. Das ist ein Fehler, auch wenn er vor allem ein Symbol ist. Ein Kommentar.
So viel Mobilisierung für den Klimaschutz hat es noch nie gegeben. Am Wochenende sind hunderttausende Menschen bei mehr als 2600 Demonstrationen in 156 Ländern der Erde für mehr Klimaschutz auf die Straße gegangen. Am kommenden Dienstag will der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki Moon am Vortag der UN-Generalversammlung bei „seinem“ Klimagipfel in New York immerhin 126 Staats- und Regierungschefs darauf einschwören, den Klimaschutz wieder ganz oben auf ihre politische Tagesordnung zu setzen.
Der amerikanische Präsident Barack Obama wird dabei sein. Der britische Premierminister David Cameron und der französische Präsident Francois Hollande ebenfalls. Nicht dabei ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Schon vor Monaten hat sie es abgelehnt, diese Gelegenheit wahrzunehmen, international an ihre Vergangenheit als Klimakanzlerin anzuknüpfen. Stattdessen wird die Bundeskanzlerin auf dem Deutschen Tag der Industrie sprechen. Vielleicht wirbt sie dort für mehr Klimaschutz, aber sicher ist das nicht. In New York wird Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die deutsche Fahne hochhalten – aber nichts sagen können.
Nicht nur Angela Merkel schwänzt den Klimagipfel
Angela Merkel ist nicht die einzige, die den Klimagipfel schwänzt. Der neue indische Premierminister Narendra Modi hat mit Verweis auf Merkels Fehlen ebenfalls abgesagt, genauso hält es sein chinesischer Kollege. Das ist bedauerlich, weil Indien mit mehr als einer Milliarde Menschen zu den am schnellsten wachsenden Ökonomien gehört. Wird der indische Energiehunger mit Kohle gestillt, bekommt das dem Klima schlecht. China wiederum, eine der weltgrößten Ökonomien, tut zu Hause einiges für den Klimaschutz, will sich aber zu nichts verpflichten lassen.
In New York wird nicht das Klima gerettet, wohl auch nicht im Dezember 2015 in Paris. Aber der New Yorker Gipfel ist ein symbolischer Höhepunkt der globalen Mobilisierung für den Klimaschutz. Angesichts der bereits erkennbaren Probleme ist es höchste Zeit, die Prioritäten richtig zu setzen und den Klimaschutz wieder ernsthaft in den Blick zu nehmen. Die derzeit sprachlose Europäische Union hat im Oktober bei ihrem nächsten Gipfel Gelegenheit, aus ihrer klimapolitischen Lethargie herauszufinden. Ein ehrgeiziges Klimaziel bis 2030 könnte die stagnierende Wirtschaft unter den Modernisierungsdruck setzen, den sie dringend braucht. Nicht nur, um die Klimaziele zu erreichen, sondern um insgesamt wettbewerbsfähig zu bleiben.
Weltweit wachsen die Städte in dramatischem Tempo
Dabei gilt: Energieeffizienz ist eben keine Drohung, sondern ein schlagkräftiges Mittel, um aus weniger mehr zu machen. Genau das empfehlen die Ökonomen um den Briten Nick Stern, die pünktlich zum globalen Treffen am East River darlegen, wie die Marktkräfte zum Nutzen des Klimaschutzes gesteuert werden könnten. Weltweit wachsen die Städte in einem dramatischen Tempo, auch wenn das im schrumpfenden Deutschland weniger spürbar ist, denn selbst Berlin ist im globalen Vergleich der Megacitys klein. Jede Investition in die Infrastruktur der Städte bestimmt über Jahrzehnte ihren Kohlendioxid-Ausstoß, mit Auswirkungen weit über sie hinaus. Gehen diese Investitionen in Nahverkehrsnetze und erneuerbare Energien, erzeugt das klimafreundliches Wachstum. Werden Kohlekraftwerke gebaut, halten diese die ganze Welt in einem Kohlenstoffgefängnis fest. Gelänge es der EU im Oktober, die Marktkräfte über eine wirksame Reform ihres Emissionshandels in den Klimaschutz zu lenken, wäre sie endlich wieder ganz vorn.