Migrantenorganisationen zu Hanau: Der Kampf gegen Rassismus soll endlich praktisch werden
Weniger Projekte, mehr Profis gegen Rassismus, fordern Deutschlands Migranten nach Hanau. Und sie wollen, dass ihr Fachwissen gehört wird.
Die deutschen Migrantenorganisationen haben eine Woche nach den Morden von Hanau gefordert, dass das Kanzleramt die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus an sich zieht. In einem offenen Brief fordert ihre Bundeskonferenz die Kanzlerin auf, „sich endlich dem Viertel der Gesellschaft zuzuwenden, das personell und damit auch inhaltlich nicht repräsentiert ist“. Während 19 Millionen Menschen in Deutschland am Arbeitsplatz, in der Schule oder Wohnungssuche Opfer struktureller Diskriminierung würden, versuche das Migrationskapitel im Koalitionsvertrag, "die sechs Millionen Wähler*innen einzufangen, die ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben". Sie habe Rassismus zu Recht als Gift bezeichnet, schreibt die Bundeskonferenz an Angela Merkel. Es sei aber eines, „das nur Betroffene spüren, das nur Betroffene tötet, auch wenn es die Gesellschaft im Ganzen zersetzt“.
Gomis: Rassismusbekämpfung braucht Profis
Daher brauche es „uns, die Betroffenen“, um wirksame Strategien dagegen zu entwickeln. Aktuell gebe es nicht einmal eine einzige Person im Bundeskabinett, die jenen 23,6 Prozent der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte angehöre und daher Rassismuserfahrung mitbringe. „Unser Fehlen verhindert Veränderungen“, sagte Cihan Sinanoglu, Sprecher der Türkischen Gemeinde (TGD) auf der Pressekonferenz des Dachverbands zu Hanau am Donnerstag.
Saraya Gomis, bis zum letzten Jahr Antirassismusbeauftragte für die Berliner Schulen, forderte auf der Pressekonferenz der Migrantenorganisationen ein Ende der „Projektitis“. Über einzelne, irgendwann auslaufende Projekte hinaus brauche antirassistische Arbeit Stetigkeit und Professionalisierung. Alle Führungskräfte in Schule, Hochschule und Verwaltung müssten geschult werden.
Im Hinblick auf den nächsten Integrationsgipfel der Bundesregierung am Montag fordern die Migrantenorganisationen eine offizielle Stellungnahme der Regierung zu ihren Forderungen „als Grundlage für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit“. Auf Nachfrage äußerte Marta Neüff vom Polnischen Sozialrat sich „zuversichtlich“, dass die Regierung darauf eingehe. In früheren Jahren hatten Migranten die Treffen auch schon boykottiert. Die Neuen deutschen Organisationen, ein Zusammenschluss jüngerer Minderheitenvertretungen, der sich als postmigrantisch versteht, hatte letzte Woche hart über die Integrationspolitik geurteilt. Sie werde inzwischen schon in die Herkunftsländer von Einwanderern verlegt; hierzulande werde zu wenig gegen das Auseinanderbrechen der Gesellschaft getan. Das laufe „in die ganz falsche Richtung“, sagte NdO-Sprecherin Ferda Ataman. Vorschläge Betroffener würden praktisch nie aufgenommen.
Am Montag ein Termin mit Merkel
Die Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen stellte sich ausdrücklich hinter einen „Masterplan gegen Rechtsextremismus“, den bereits vor Hanau der Jenaer Rechtsextremismusforscher Matthias Quent, Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan J. Kramer und Farhad Dilmaghani vom Verein „Deutsch plus“ erarbeitet haben. Er fordert unter anderem ebenfalls stetige Demokratieförderung und politische Bildung, Quoten für Menschen aus Einwandererfamilien und Ostdeutsche im öffentlichen Dienst und spezialisierte Staatsanwaltschaften, die nur Rechtsextremismus verfolgen.
Neben Marta Neüff äußerten sich auch ihre Kollegen vorsichtig zuversichtlich. Sinanoglu erklärte, die Bewegung "Unteilbar" sei zum Beispiel ein Zeichen, dass es Solidarität Widerstand gegen Rassismus gebe. Der müsse aber stärker werden. Dilmaghani verwies darauf, dass man die Kanzlerin vor dem Integrationsgipfel treffen werde, um über die Konsequenzen aus Hanau zu sprechen.
Andrea Dernbach
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