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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron spricht am Donnerstag in Nizza mit Polizeibeamten.
© dpa

Das Attentat von Nizza : Der Islamismus wird zum Test für Macron 

Das Gebot der Stunde nach dem Attentat von Nizza: Verstärkte Überwachung von Islamisten – und ein maßvoller Umgang mit Worten. Ein Kommentar.  

Wieder wird Frankreich von einem islamistischen Attentat getroffen. Kaum hatte sich das Land von dem Schock nach der Enthauptung des Geschichtslehrers Samuel Paty erholt, da müssen die Franzosen die Nachricht von der Ermordung dreier Menschen in einer Basilika im Zentrum von Nizza verkraften. Wie das Land damit langfristig fertig wird, hängt jetzt ganz maßgeblich von der Regierungskunst des Staatschefs Emmanuel Macron ab.  

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Dabei geht es weniger um die unmittelbare Terrorbekämpfung. In Frankreich gilt seit dem Attentat von Nizza erneut die höchste Terrorwarnstufe. Während der Serie islamistischer Attentate von 2015 und 2016, bei denen insgesamt mehr als 230 Menschen in Frankreich getötet wurden, war das Warnsystem zum Schutz der Bevölkerung konzipiert worden. Wie sich in diesen Tagen wieder zeigt, ist die islamistische Bedrohung in der Zwischenzeit nie verschwunden.  

Attentate werden nicht mehr generalstabsmäßig geplant

Gewandelt haben sich allerdings etwa im Gegensatz zum generalstabsmäßig geplanten Attentat auf den Pariser Konzertsaal Bataclan von 2015 die Methoden der Fundamentalisten: Ihnen genügen einfachste Tatwerkzeuge, um in der Bevölkerung Angst zu verbreiten. Angesichts dieser diffusen Bedrohung muss sich der Staat in Frankreich weiter wehrhaft zeigen. Das gilt vor allem für die Überwachung mutmaßlicher Gefährder.  

Macron sollte nach dem Attentat von Nizza indes seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Punkt richten: Der Präsident muss eine politische Islam-Debatte in Frankreich befrieden, die zunehmend hysterische Züge trägt. Das heißt nicht, dass er von seinem Kurs bei der Verteidigung der Meinungsfreiheit abrücken müsste. Mit Samuel Paty wurde erstmals ein Lehrer zum Opfer des islamistischen Terrors. Gerade deshalb ist es richtig, dass Macron die Freiheit der Karikaturisten hochhält. Aber nach dem Attentat in Nizza muss der Staatspräsident nun endgültig einer entgleisten Diskussion über das politische Umfeld der Islamisten etwas entgegensetzen.  

„Islam-Faschismus“ und „Islam-Linksextremismus“

Die Nachricht vom Attentat in Nizza war kaum einige Stunden alt, da prangerte der konservative Bürgermeister der Stadt, Christian Estrosi, bereits den „Islam-Faschismus“ an. Mit diesem Kampfbegriff ist der Fundamentalismus gemeint, der immer wieder neue Täter zu Bluttaten anstachelt. Er taugt aber beim Vorgehen gegen den Dschihadismus genauso wenig wie der Begriff des „Islam-Linksextremismus“, den Macron Bildungsminister Jean-Michel Blanquer jüngst benutzte. Blanquer unterstellte damit, dass ein Teil der linken Szene islamistische Bluttaten insgeheim gutheißen würde. Wenn Macron nicht gegensteuert, droht genau die Polarisierung, die sich die Islamisten wünschen. 

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