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Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) steht unter Druck, hier besucht sie das Lufttransportgeschwader 62 im niedersächsischen Wunstorf.
© Ole Spata/dpa
Update

„Helikopter-Mutter“ Lambrecht: Der Flug mit ihrem Sohn wirft immer mehr Fragen auf

Als Justizministerin nahm Christine Lambrecht ihren Sohn sieben Mal im Regierungsflieger mit. Nun der Flug vor dem Sylt-Urlaub – der noch nicht bezahlt ist.

Christine Lambrecht konnte nicht wissen, was auf sie zukommt: der russische Krieg gegen die Ukraine, erstmalige Waffenlieferungen an eine Kriegspartei, die Modernisierung der Bundeswehr.

Rigoros wie in früheren Ämtern setzt die Verteidigungsministerin auf eigene Vertraute mit SPD-Parteibuch. Ihr Auftreten kommt in der Bundeswehr nicht überall gut an. Doch von Anfang an hatte sie Probleme, die Union kritisiert sie seit Wochen als Fehlbesetzung.

Erst verkaufte sie 5000 Helme für die Ukraine als große Leistung, dann verkündete das Kanzleramt die ersten Waffenlieferungen lieber selbst, Lambrecht soll ziemlich sauer gewesen sein. Zuletzt durfte sie dann das grüne Licht für bis zu 50 Gepard-Panzer und sieben Panzerhaubitzen 2000 selbst verkünden. Sie hat hier viel Druck gemacht und versucht, weitere Hilfe für die Ukraine zu organisieren.

Aber das Publikwerden des Mitflugs ihres 21-jährigen Sohnes im Regierungshubschrauber vor einem Osterurlaub auf Sylt, kommt für sie zur Unzeit – wird da Berufliches und Privates ausreichend getrennt?

Rechtlich gibt es offensichtlich bisher nichts zu beanstanden. Aber für Lambrecht ist es misslich, dass ihr Sohn mit dem Mitflug im Hubschrauber der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums prahlte und ein Bild davon zu Ostern bei Instagram veröffentlichte, versehen mit den Worten: "Happy Easter". Sein Account ist mittlerweile nicht mehr erreichbar.

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Sieben Mal flog der Sohn auch mit der Justizministerin Lambrecht

Lambrecht hatte ihren Sohn auch als Justizministerin auf sieben Auslandsreisen dabei, wie nun bekannt wurde. Die Reisen seien nach Helsinki, Liechtenstein, Lissabon, Luxemburg, Paris, Prag und Slowenien gegangen, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. "Ministerin Lambrecht hat stets größten Wert darauf gelegt, dass alle durch die Begleitung ihres Sohnes entstehenden Kosten separat abgerechnet und von ihr privat bezahlt wurden."

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) steigt aus einem Hubschrauber.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) steigt aus einem Hubschrauber.
© Ole Spata/dpa

Im aktuellen Fall besuchte Lambrecht am 13. April, dem Tag vor Gründonnerstag, in Schleswig-Holstein das Bataillon Elektronische Kampfführung 911 in Stadum. Ihr Sohn begleitete sie öfter bei dienstlichen Anlässen, hier steht die Frage im Raum, warum Lambrecht den Truppenbesuch unmittelbar vor einen Sylt-Urlaub gelegt hatte und ob ihrem Sohn eine günstige und zeitsparende Mitfluggelegenheit der Bundeswehr organisiert werden sollte.

Fluganlass: Truppenbesuch - den macht Lambrecht dann aber allein

Auf Anfrage des Tagesspiegel teilte das Verteidigungsministerium mit, dass der Sohn bei dem eigentlichen Besuch des Bataillon dann gar nicht dabei gewesen sei. "Der Familienangehörige der Bundesministerin nahm nicht am Truppenbesuch teil", sagte ein Sprecher. Das wirft die Frage auf, warum er dann im Helikopter der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums mitreisen musste - und ob das dann noch den Reiseregeln entspricht.

Von Nordfriesland soll es nach dem Truppenbesuch per Auto mit BKA-Personenschützern Richtung Sylt gegangen sein - jedenfalls wurden "im weiteren Reiseverlauf keine Luftfahrzeuge der Bundeswehr genutzt", betont ein Ministeriumssprecher auf Tagesspiegel-Anfrage.

Die Insel Sylt ist nur rund 50 Kilometer von dem Bataillon in Stadum entfernt und kann zum Beispiel per Autozug über den Hindenburgdamm erreicht werden.

"Zu den privaten Terminen nach Beendigung der Dienstgeschäfte können wir keine Auskunft geben", betont Lambrechts Ministerium.

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Berlin - Ladelund - Sylt

Der Flug erfolgte vom Verteidigungsministerium in Berlin nach Ladelund, zwischen 12:20 und 14:00 Uhr, als Anreise zum Truppenbesuch in Stadum.

Ladelund liegt im Kreis Nordfriesland und ist 13 Kilometer entfernt von Stadum, wo Lambrecht das Bataillon besuchte. Der Flug wurde samt Passagierliste, auf der auch der Sohn stand, am 8. April korrekt angemeldet. Die Ministerin darf eine solche Begleitung festlegen, der Flug muss von dem Familienangehörigen aber selbst beglichen werden, "die je nach Bundesinteresse unterschiedliche Kostensätze zu tragen haben", wie ihr Ministerium betont.

Flug ist bisher nicht bezahlt

Die Kosten pro Flugstunde in dem Regierungshubschrauber sollen laut „Business Insider“ 5300 Euro betragen, beglichen werden muss für den Sohn aber nur ein Betrag, der dem Normaltarif der Lufthansa (Economy-Klasse) für eine vergleichbare Flugstrecke entspricht, das dürften etwas über 100 Euro sein. Eine ähnliche Kostenregelung wird im Übrigen auch angewandt, wenn Journalisten Politiker in Regierungsmaschinen begleiten.

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Der Flug ist von Lambrecht bisher nicht beglichen worden. "Die abschließende Kostenabrechnung wird derzeit erstellt. Daher kann zur Höhe der entstandenen Kosten aktuell noch keine Auskunft gegeben werden", betont ein Sprecher.

Am Montag hatte das Verteidigungsministerium allerdings zunächst betont: „Mitflug und Kostenerstattung fanden in voller Übereinstimmung mit den Richtlinien statt.“

Doch eben diese Kostenerstattung hat es bisher nicht gegeben, wie das Ministerium nun am Dienstag bestätigt hat. Es ist üblich, dass die Rechnungsstellung einige Wochen dauern kann - aber dieser Fall ist es politisch heikel. Zuständig für die Rechnungsstellung ist das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr.

SPD-Fraktionschef: Bin noch nie im Hubschrauber geflogen

Der CDU-Politiker Paul Ziemiak kommentiert den Fall so: „Helikopter-Mutter bekommt jetzt eine ganz neue Bedeutung.“ SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußert auf seine Art Kritik: „Ich bin noch nie mit einem Hubschrauber geflogen.“ Aber vor dem Hintergrund der Richtlinien sei wohl alles richtig gemacht worden.

Union: Das macht man einfach nicht

Die Union wirft Lambrecht nun „maximale Ungeschicklichkeit“ vor – und pocht auf volle Transparenz. „Das zeugt von mangelndem Fingerspitzengefühl“, sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU). Der Vorgang habe ein Geschmäckle: „Es gibt Dinge, die sind verboten. Und es gibt Dinge, die macht man einfach nicht.“

Holen Scholz seine Worte ein?

Während der Kanzler auf die Ministerinnen und Minister der anderen Parteien in der Ampel-Koalition nur bedingt einwirken kann, ist das bei seiner SPD anders. Und er hat sie ausgewählt. Über Christine Lambrecht sagte Scholz bei der Vorstellung als Ministerin, die Bundeswehr brauche jemanden, der es auch kann. „Und das ist bei Christine Lambrecht exakt der Fall.“

Sie habe bei allen Aufgaben gezeigt, welche großen Fähigkeiten in ihr stecken würden. „Und sie wird eine ganz, ganz bedeutende Verteidigungsministerin der Bundesrepublik Deutschland sein.“

Der Kanzler schätzt ihre harte Hand, doch an den Worten über sie wird er nun gemessen. Scholz redet gern von Führung, für ihn gehört aber auch Loyalität zu seinen Leuten in schwierigen Zeiten dazu, er lässt sie nicht beim ersten Gegenwind fallen, gibt lieber intern Ratschläge.

Der Kanzler mag das Regieren mit ruhiger Hand, ohne Theater. Doch das kommt gerade etwas an Grenzen - und die Union wird nun viele weitere Fragen zur Reisepraxis von Ministerin Lambrecht stellen.

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