Golden Globes: Der Demonstration müssen weitere folgen
Die „Time’s up“-Auftritte bei den Golden Globes waren nur ein erster Schritt. Die deutsche Filmbranche sollte sich daran ein Beispiel nehmen. Ein Kommentar.
Schwarz, das war das Motto der Golden-Globes-Verleihung. Die Feierlichkeiten standen unter dem Einfluss der Missbrauchsvorwürfe, die die Filmbranche erschüttern. Aus Solidarität mit der „Time’s up!“-Initiative und den mutigen Frauen, die in den letzten Monaten an die Öffentlichkeit getreten waren, trugen die Gäste schwarze Abendgarderobe. Unterstützt wird die Kampagne von mehr als 300 Frauen aus der Filmindustrie, darunter Reese Witherspoon, Meryl Streep, Emma Stone, Natalie Portman und Maggie Gyllenhaal. Aber auch viele Männer waren dem Aufruf gefolgt, sie trugen gut sichtbar einen „Time’s up“-Anstecker.
Hollywood hat in den vergangenen Jahren Routine darin entwickelt, auf Missstände in der Filmindustrie zu reagieren. Glamouröse Award-Verleihungen sind immer eine gute Bühne für eine positive Message – ob es sich dabei um den Frauenanteil in der Branche oder kulturelle Diversität handelt. Die Geschlossenheit im Fall Weinstein zeigt nun, wie tief der Schock über die tatsächlichen Ausmaße der Missbrauchsstrukturen in Hollywood sitzt.
Aber es reicht längst nicht mehr, sich in ein schwarzes Kleid zu hüllen. „Time’s up!“ darf nicht zu einer Phrase moralischer Selbstvergewisserung verkommen, dafür waren die Enthüllungen zu weitreichend – auch über Hollywood hinaus. Die Debatte braucht weiterhin Öffentlichkeit. Insofern war es mehr als eine solidarische Geste, dass Michelle Williams von „MeToo“-Initiatorin Tarana Burke über den roten Teppich begleitet wurde und Meryl Streep mit der Sozialrechtlerin Ai-jen Poo kam. Sie sorgten dafür, dass am roten Teppich endlich über relevante gesellschaftliche Themen gesprochen wurde – und über die Rollen der Frauen, die neben ihnen standen.
Die Zeit für wohlfeile Bekenntnisse ist vorbei
Die Zeit für wohlfeile Bekenntnisse ist endgültig vorbei. Schön, dass sich auch Justin Timberlake am Sonntag einen „Time’s-up“-Anstecker ans Revers heftete. Eventuell wäre es der Sache aber dienlicher gewesen, hätte er einfach mal öffentlich erklärt, wie er es mit seinem Gewissen vereinbart, in einem Film von Woody Allen mitzuspielen. Allen verfolgen seit Jahren Missbrauchsvorwürfe, zuletzt veröffentlicht von seinem eigenen Sohn Ronan Farrow. Allens neuer Film „Wonder Wheel“ startet diese Woche in den deutschen Kinos – mit Justin Timberlake in der Hauptrolle. Solange sich Hollywoods Akteure weiter mit Lippenbekenntnissen begnügen, wird sich strukturell wenig ändern.
Mit den Anschuldigungen gegen den Regisseur Dieter Wedel kam die „MeToo“- Debatte vergangene Woche auch in Deutschland an. Ob aus dem „MeToo“ hierzulande ein „Time’s up!“ wird, muss sich noch zeigen. Bislang ist keine Schauspielerin dem Beispiel von Jany Tempel und Patricia Thielemann gefolgt. Dafür arbeitet man gerade an der Einrichtung einer Beschwerdestelle. „Ziel ist es, unsere Branche besser zu machen“, sagte Heide Schwochow von der Deutschen Filmakademie. Die US-Unterhaltungsindustrie kündigte bereits im Dezember die Gründung einer Kommission gegen sexuelle Belästigung an. Für Hollywood waren die Golden Globes nur ein erster Schritt, nicht mehr als eine Generalprobe für die kommenden Oscars. Die deutsche Filmbranche sollte sich daran ein Beispiel nehmen. In wenigen Wochen beginnt die Berlinale. Genauso wichtig wird es aber sein, sich Ende April im Rahmen der Verleihung des Filmpreises deutlich zu positionieren. Und nicht nur mit Worten.
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