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Daniel Günther (CDU), Miniserpräsident Schleswig-Holsteins, in Lübeck.
© Markus Scholz/dpa

Daniel Günther: Der CDU-Mann für die Mitte

Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein ist offen für eine Kooperation seiner CDU mit der Linken im Osten. Dahinter steckt mehr als nur Provokation.

Daniel Günther hat schnell eins auf die Finger bekommen. Mit strengem Ton meldete sich Annegret Kramp-Karrenbauer zu Wort, die CDU-Generalsekretärin. Die Partei lehne eine Zusammenarbeit mit der Linken ab, auch wenn da der eine oder andere pragmatische Kopf dabei sei. Die „programmatische Ausrichtung der Linkspartei bleibt“, fügte sie hinzu. Und die Parteichefin sieht es auch so.

Günther, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein und einer der jungen Köpfe der CDU, hatte am Samstag in der „Rheinischen Post“ über Offenheit gegenüber der Linken in den Ost-Ländern philosophiert. „Wenn Wahlergebnisse es nicht hergeben sollten, dass gegen die Linke eine Koalition gebildet wird, muss trotzdem eine handlungsfähige Regierung gebildet werden. Da muss die CDU pragmatisch sein“, sagte er und bekundete Verständnis für den brandenburgischen CDU-Chef Ingo Senftleben, der das ähnlich sieht. „Wenn da vernünftige Menschen in der Linkspartei am Werk sind, vertut man sich nichts damit, nach vernünftigen Lösungen zu suchen“, fügte Günther noch hinzu. Und dass die Partei für ihn in Schleswig-Holstein als Gesprächspartner nicht in Frage komme, weil die Linke im Westen „anders strukturiert“ sei.

Unabhängig genug

Günther kann in die Tabubereiche der Partei vordringen, ohne gleich in Ungnade zu fallen. Als Ministerpräsident ist er unabhängig genug, und als Chef einer Jamaika-Koalition ist er dafür verantwortlich, dieses Zukunftsprojekt (für alle drei Parteien) erfolgreich in die nächste Landtagswahl zu führen. „Jamaika“ ist ein Mitte-Projekt, und Günther ist ein ausgesprochener Mitte-Politiker. So gesehen ist er tatsächlich „Muttis Junge“, also einer in der Spur von Angela Merkel. Tatsächlich aber gehört der 45-Jährige zu denen in der Partei, die längst über die Zeit nach Mutti nachdenken und sich dafür positionieren. Will die CDU breit aufgestellt bleiben, braucht sie liberale Stimmen, um das Gewicht konservativer Stimmungspolitiker wie Jens Spahn oder Mike Mohring (um bei den Jungen zu bleiben) auszugleichen.

Dass Günther die Linke im Osten etwas anders wahrnimmt, hängt wohl auch mit Bodo Ramelow zusammen, dem linken Regierungschef in Thüringen. Der ist im Kreis der Ministerpräsidenten als Mitspieler weitgehend akzeptiert, auch bei den CDU-Kollegen. Ramelow gibt sich so pragmatisch, wie das eben geht, wenn man programmatisch in der Tat etwas enger an eine Parteilinie gebunden ist als die Riege der Politiker in der Mitte.

Dominierende Ankerpartei

Auch Günther sieht die CDU als dominierende „Ankerpartei“ in einem volatiler gewordenen Mehrparteiensystem, das zudem stärker regionalisiert ist als früher. In diesen Verhältnissen will die CDU in der Position sein, dass ohne sie und damit gegen sie nicht regiert werden kann. Dahinter steckt auch der Wille, reine Linkskoalitionen zu verhindern. Das bedingt umgekehrt aber Offenheit nach vielen Seiten. Eine wie auch immer geartete Kooperation mit der sozialdemokratisierten, wenn auch historisch belasteten Linken im Osten gehörte dann dazu. Der freche Günther hat nur gesagt, was regional im Osten zu diesem Konzept passt. Das Koalieren mit den Grünen, noch vor einigen Jahren in der Partei mit Abscheu und Empörung zurückgewiesen, wird heute ausgerechnet in Hessen und Baden-Württemberg praktiziert, in Ländern also, wo die CDU-Landesverbände stets als besonders konservativ galten. Und eben in Dreierkoalitionen in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Günthers nächstliegendes Ziel von Kiel aus ist es, "Jamaika" für den Bund plausibel zu machen: „Wenn Jamaika 2021 auf Bundesebene gelingen kann, dann wäre das für Deutschland das beste Modell.“ Im vorigen Herbst scheiterte das nicht zuletzt an den Rechten in der CDU und vor allem am Widerstand der CSU. Wenn man da nun parallel ein bisschen provoziert mit der Linken-Kooperation, dann hat das vielleicht zwei Hintergründe: Zum einen kann man die Parteirechte ärgern, zum anderen aber wirkt "Jamaika" dann auch nicht mehr ganz so gewagt.

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