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Öffentlich sind im Bundestag grundsätzlich nur Plenartagungen. Dabei soll es bleiben, meint das Bundesverwaltungsgericht.
© Bernd von Jutrczenka/dpa/ picture alliance /
Exklusiv

Auskunftsrecht für Journalisten: Der Bundestag soll wieder transparenter werden

Medienpolitiker und der Journalisten-Verband fordern, den Presse-Informationsanspruch auf das Parlament zu beziehen. Die SPD will einen Entwurf vorlegen.

Medienpolitiker von SPD, FDP und Linken fordern mehr Transparenz im Parlament. Sie wollen mit einem Presseauskunftsgesetz erreichen, dass der Deutsche Bundestag entgegen einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch über parlamentarische Angelegenheiten informieren muss. Die Leipziger Richter hatten den Auskunftsanspruch nach einer Tagesspiegel-Klage im Oktober 2018 auf bloße Verwaltungsinformationen beschränkt. Das Handeln der Abgeordneten abseits öffentlicher Sitzungen wird damit nicht mehr erfasst. Der Tagesspiegel hat gegen das Urteil mit Unterstützung des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erhoben (Az.: 1 BvR 393/19). 

„Die Presse hat eine wichtige Informations- und Kontrollfunktion zur Wahrung unserer freiheitlichen Demokratie“, sagte der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Martin Rabanus. Derzeit erarbeitet die Fraktion einen Entwurf für ein Presseauskunftsgesetz des Bundes. „Darunter fällt grundsätzlich auch der Deutsche Bundestag“, sagte Rabanus. Ein Ausschluss von Informationen sei nur im Einzelfall zulässig, wenn schutzwürdige Interessen, etwa mit Blick auf den Mandatsbezug, den Informationsanspruch überwiegen.

SPD, FDP und Linke sehen eine Lücke - Grüne sind zurückhaltend

FDP und Linke schließen sich der Forderung an. Das Urteil des höchsten Verwaltungsgerichts vom vergangenen Jahr sei „nicht gut“, sagte Thomas Hacker (FDP). „Die Presse als vierte Gewalt, als Public Watchdog der Gesellschaft, muss die rechtlichen Möglichkeiten erhalten, diesem Auftrag auch nachkommen zu können.“  Für die Linksfraktion kritisierte Doris Achelwilm die Entscheidung. „Es droht eine Transparenz-Lücke für den Bundestag gegenüber der Presse.“ Aus dem Urteil sollte nicht resultieren, einen Teil der Staatsgewalt von der öffentlichen Berichterstattung und der damit verbundenen Meinungsbildung auszunehmen, sagte die Politikerin. Die Grünen, die bereits einen Gesetzentwurf zum Thema vorgelegt haben, sind dagegen skeptisch.  Man sollte „Vorsicht walten lassen, denn die Abgeordnetenfreiheit würde durch ein solches Auskunftsrecht tangiert werden“, sagte die medienpolitische Sprecherin Tabea Rößner. Die zuständigen Abgeordneten von Union und AfD äußerten sich auf Anfrage nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner Entscheidung eine Klage auf Offenlegung statistischer und anonymisierte Daten zu den beim Parlamentspräsidenten gemeldeten Strafverfahren von Abgeordneten abgewiesen (Az.: 7 C 6/17). Zur Begründung hieß es, die Presse könne nur behördliche, auf Verwaltungshandeln bezogene Informationen verlangen; eigene Angelegenheiten des Parlaments wie die so genannten Immunitätsverfahren seien dagegen vom Anspruch ausgeschlossen. Auch Beschlüsse und Protokolle nichtöffentlich tagender Parlamentsgremien bleiben demnach unter Verschluss.

Stärkung der Auskunftsrechte steht im Koalitionsvertrag

„Das Urteil zeigt, wie dringend notwendig eine gesetzliche Regelung zum Presseauskunftsrecht auf Bundesebene ist“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Entgegen der Meinung des Bundesverwaltungsgerichts zählten auch Stellen der Legislative zu den Behörden, das sei nach den Landespressegesetzen fast einhellige Ansicht. „Es ist zu hoffen, dass diese herbe Niederlage für die eigentlich notwendige Transparenz des parlamentarischen Geschehens keinen Bestand hat, sondern vom Bundesverfassungsgericht korrigiert wird“, sagte Überall.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2013 den Informationsanspruch von Journalisten aus den Landespressegesetzen gegenüber Bundesbehörden wie Ministerien, Kanzleramt oder auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und den Bundesnachrichtendienst für unanwendbar erklärt.  Seitdem gilt ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit. Dieser sei aber auf einen „Minimalstandard“ begrenzt, weil eine weitergehende Transparenz nur durch den Gesetzgeber geregelt werden dürfe, hieß es. Die Union hat sich bislang gegen ein solches Bundesgesetz gesperrt. Allerdings ist im Koalitionsvertrag eine Stärkung der Presse-Auskunftsrechte verabredet. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das jedermann Zugang zu amtlichen Dokumenten gibt, gilt nur für Informationen aus der Verwaltung und daher nicht für den Bundestag.

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