Skandal um Gartenpartys in der Downing Street: Der „Boris-Zauber“ zieht nicht mehr
Lange war Boris Johnson bei den britischen Konservativen unangefochten. Der Skandal um unerlaubte Corona-Partys könnte das ändern. Ein Kommentar.
2019 war das Jahr, bevor die Pandemie begann. Es war auch das Jahr, als die Konservativen in Großbritannien Boris Johnson zum Vorsitzenden wählten. Der vergalt es ihnen, indem er am Ende jenes Jahres einen triumphalen Wahlsieg errang. Der Rückblende in das Vor-Corona-Großbritannien wirkt heute wie eine politische Zeitreise.
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Denn für Johnson hat sich einiges verändert. Früher kam das unkonventionelle Auftreten von „Boris“, der zum Establishment gehört und gleichzeitig das Bild eines schelmischen Anti-Politikers verkörpert, bei vielen Briten gut an. Aber der letzte Rest an Glaubwürdigkeit, über den der Premier noch verfügt, scheint nun auch bei seinen glühendsten Anhängern im Skandal um die Gartenpartys am Regierungssitz zu verpuffen.
Fadenscheinige Erklärung des Premierministers
Kein Wunder: Während Millionen Briten im Frühjahr 2020 im Lockdown ausharrten, wurden in der Downing Street fröhliche Zusammenkünfte organisiert. Johnson entschuldigte sich im Unterhaus fadenscheinig mit den Worten, er habe eine der Partys für ein Arbeitstreffen gehalten und sei daher irrtümlich dabei gewesen.
Während der Premierminister um eine Erklärung ringt, wittert Oppositionschef Keir Starmer seine Chance. Zum ersten Mal hat der Labour-Vorsitzende am Mittwoch den Rücktritt Johnsons gefordert. Wie lange Johnson sich noch im Amt halten kann, hängt aber weniger von der Opposition ab, sondern vom Rückhalt der eigenen Leute – also von genau jenen, die ihn vor zweieinhalb Jahren auf den Schild hoben.
Sinkende Umfragewerte
Die regierenden Konservativen registrieren genau, dass Johnsons Umfragewerte seit dem vergangenen Sommer nur noch eine Richtung kennen – nach unten. Für den Moment mögen sie noch darauf verweisen, dass die regierungsinterne Untersuchung zu Corona-Verstößen bei den Partys noch nicht abgeschlossen ist. Aber schon jetzt ist klar, dass der Skandal um die Lockdown-Treffen mittlerweile eine Größenordnung erreicht hat, die sich nicht mehr mit einem bübischen „Boris-Witz“ beiseite wischen lässt.