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Donald Trump drängte seinen Justizminister Jeff Sessions nach den Midterms 2018 zum Rücktritt
© AFP

Sessions-Rücktritt wegen Trump: Der amerikanischen Demokratie stehen schwere Zeiten bevor

Justizminister Sessions tritt zurück – auf Druck von Trump. Nach der Wahl zeigt der Präsident Härte. Nimmt er sich nun Ermittler Mueller vor? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Juliane Schäuble

Ist das jetzt eine ernsthafte Verfassungskrise? Dass US-Präsident Donald Trump tatsächlich nicht davor zurückscheute, seinen Justizminister Jeff Sessions zu feuern, ist auf jeden Fall ein weiterer Schritt in diese Richtung. Der letzte ist es aber nicht. Sessions hatte sich geweigert, die für Trump unangenehmen Russland-Untersuchungen wie von diesem verlangt „unverzüglich“ zu stoppen. Sessions’ Worte klingen heute wie eine eindringliche Warnung: „Solange ich Justizminister bin, werden die Handlungen des Justizministeriums nicht unzulässig von politischen Überlegungen beeinflusst.“

Justizminister ist Sessions nun nicht mehr. Der einst Trump so treu ergebene erzkonservative Republikaner geht, wie er betont, weil der Präsident das so wollte. Heißt das im Umkehrschluss, die Handlungen des Justizministeriums werden ab sofort unzulässig von politischen Überlegungen beeinflusst? Wird Trump einen ihm hörigen Justizminister ernennen, der ihm die lästigen Ermittlungen vom Hals zu halten versucht?

Das steht noch nicht fest, ist aber wahrscheinlich. Wichtige Personalentscheidungen wird der Präsident auch weiterhin fällen können, der Senat, der darüber letztlich entscheidet, bleibt fest in republikanischer Hand. Erstmal führt Sessions’ bisheriger Stabschef Matthew Whitaker die Ministergeschäfte, Trump will sich noch etwas Zeit lassen mit der Benennung eines Nachfolgers. Und Sessions’ Stellvertreter Rod Rosenstein, der an seiner statt die Ermittlungen überwacht, bleibt vorerst im Amt. Vorerst. Sessions’Nachfolger wird er aber nicht.

Die Demokraten sprechen schon von einer Verfassungskrise

Einen Tag nach den Midterms, die die Opposition stärkten und Trumps Republikaner schwächten, zeigt der Präsident, wie er künftig mit einem geteilten Kongress umzugehen gedenkt. Kompromissbereit wohl eher nicht. Sein Rausschmiss bedeutet übersetzt: Seht her, ich bin auch weiterhin handlungsfähig. Wer sich mir widersetzt, dem sage ich „Auf Wiedersehen“.

Die ersten Demokraten, die im neuen Kongress bald erheblich mehr Möglichkeiten haben, das Regierungshandeln unter die Lupe zu nehmen, sprechen bereits von einer Verfassungskrise. Der Vorwurf, der Präsident behindert die Justiz, ist ein ernster, er könnte ein Amtsenthebungsverfahren nach sich ziehen. Wohlgemerkt: könnte.

Denn die neue Stärke der Demokraten im Kongress bezieht sich nur auf das Repräsentantenhaus. Dort kann die Opposition ein Amtsenthebungsverfahren mit einfacher Mehrheit beschließen. Doch entscheidend ist der Senat, der einem Impeachment mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen müsste. Und der bleibt dem Präsidenten treu ergeben, aller Voraussicht nach sogar noch treuer als zuvor. Wie sagte Trump am Mittwoch mit Blick auf die Midterm-Ergebnisse? Wer mit ihm bei der Wahl zusammengearbeitet habe, habe sehr gut abgeschnitten. „Diejenigen, die das nicht getan haben, sagt Lebewohl!“

Entlassungen lenken von den Midterms-Ergebnissen ab

Die Frage ist nun, wen Trump als nächsten feuert. Gut möglich, dass er ein weiteres Opfer braucht, um von seiner Teilniederlage bei den Zwischenwahlen abzulenken. Ob er es wagt, auch den FBI-Sonderermittler Robert Mueller, der die mögliche russische Einflussnahme auf den Präsidentschaftswahlkampf 2016 untersucht und vor allem, ob Trumps Team dabei mit Moskau zusammengearbeitet hat, aus dem Weg zu räumen, ist nach Sessions’ Rausschmiss eine ernsthafte Frage.

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Trump-Anhänger haben bereits versucht, Mueller eine Schmutzkampagne an den Hals zu hängen. Spätestens der Rausschmiss des Sonderermittlers, von dem erwartet wird, dass er noch im November seinen Abschlussbericht vorlegt, wäre aber eine ernsthafte Verfassungskrise. Kommt es soweit, wird sich zeigen, wie wehrhaft die amerikanische Demokratie ist. Auch gegenüber Gefahren, die aus dem Inneren drohen.

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