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Die Parteispitzen von FDP und Grünen trafen sich in der Nacht zu Mittwoch.
© Instagram/Robert Habeck

FDP, Grüne und das Klima: Der Abgrund hinter dem Selfie

FDP, Grüne und die EU-Fiskalregeln passen schwerlich zusammen. Wie die Parteien trotz allem beim Klimaschutz zusammenkommen könnten. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Harald Schumann

Ein Selfie zu viert, dazu Worte wie „Vertrauen bilden” und „Brücken bauen” – das Eiapopeia, mit dem die gelb-grünen Führungskräfte Wähler einlullen, um der Regierungsbildung mit dem Angstgegner die Schärfe zu nehmen, ist rührend. Doch der kollegiale Umgangston ist die einfachste aller Mühen. Es trennt die Parteien ein ideologischer Grand Canyon, den sie nur überbrücken können, wenn sie ihre Hauptziele vertagen.

Das zeigt sich bei der zentralen Aufgabe, dem Klimaschutz. Die Vorgaben sind da gesetzt. Aus dem Pariser Abkommen ergibt sich für jeden Staat ein verbleibendes Budget an klimaschädlichen Emissionen, um die Überhitzung der Erde beherrschbar zu halten. Das Bundesverfassungsgericht hat jede Bundesregierung verpflichtet, die Emissionen ausreichend schnell zu reduzieren. „Die Schonung künftiger Freiheit verlangt, den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten”, schrieben die Richter.

[Lesen Sie mehr bei T+: Droht zwischen Liberalen und Grünen ein Crash bei der Verkehrspolitik?]

Dem widerspricht auch die FDP nicht, aber die Investitionen will sie fast ausschließlich den privaten Unternehmen überlassen, nicht dem Staat. Denn die Liberalen wollen die Schuldenbremse und die EU-Fiskalregeln wieder einhalten, also die staatliche Kreditaufnahme auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung zurückfahren, die Corona-Schulden zurückzahlen und auch noch die Steuern senken.

Das hieße, die Kreditaufnahme von jetzt 240 Milliarden auf nur rund 10 bis 20 Milliarden Euro im nächsten Jahr zurückzufahren und zudem 24 Milliarden Euro für Tilgung zu zahlen. Wie das mit dem Zwang zum schnellen Klimaschutz zu vereinbaren ist, noch dazu bei verminderten Steuersätzen, ließen Lindner und seine Mitstreiter offen. Folgt man ihrem Programm, dann sollen allein steigende CO2-Preise und Steuersenkungen das Wunder in Gang setzen.

Es gibt eine Option, die einen gesichtswahrenden Ausweg bietet

Die Grünen dagegen setzen auf staatliche Investitionen und wissen sich einig mit Managern aus der Stahl- und Chemiebranche, die bekennen, dass sie die Transformation nicht ohne Staatsgeld bewältigen. Mindestens 50 Milliarden Euro jährlich wollen Baerbock und ihre Parteifreunde zusätzlich investieren und die nötige Kreditaufnahme zugunsten künftiger Generationen von der Schuldenbremse ausnehmen.

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Das deckt sich mit der Kalkulation von Dezernat Zukunft, einer Denkfabrik junger Wissenschaftler, die sich der ökonomischen Aufklärung verschrieben haben. Demnach belaufen sich die nötigen „Ausgaben für die De-Karbonisierung“ bis 2030 auf 47 Milliarden Euro jährlich.

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So erscheinen die Prioritäten beider Parteien offenkundig unvereinbar. Aber es gibt eine Option, die einen gesichtswahrenden Ausweg bietet: die Abschaffung der Subventionen, die nach wie vor den Verbrauch fossiler Brennstoffe anheizen. Die kosten von der Steuerfreiheit für die Luftfahrt bis zum Treibstoffzuschlag für die Bauern fast 40 Milliarden Euro im Jahr, davon allein elf Milliarden für giftige Dieselmotoren.

Gewiss, um diesen schmutzigen Schatz in Gold fürs Klima zu verwandeln, braucht es eine EU-weite Reform. Aber der entsprechende Gesetzentwurf ist bei der EU-Kommission schon in Arbeit. Wenn die FDP dann mit ihrer französischen Schwesterpartei von Präsident Macron gemeinsame Sache macht, hätte das Projekt gute Chancen. Immerhin sprechen sich die Liberalen in ihrem Programm gleich acht Mal gegen „marktverzerrende Subventionen“ aus. Passt doch.

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