Großbritannien: David Cameron will EU-Referendum schon 2016
Großbritanniens Premier David Cameron setzt auf einen schnellen Verhandlungserfolg und will das Referendum über den Verbleib in der EU vorziehen. Er will die positive Stimmung in der Bevölkerung für die EU nutzen.
Das Referendum über die weitere EU-Mitgliedschaft Großbritanniens soll nach einem Bericht des „Independent on Sunday“ schon im nächsten Juni stattfinden. Premier David Cameron werde den Termin auf dem Tory-Parteitag im Oktober bekannt geben, schreibt die Zeitung unter Berufung auf „hochrangige“ Quellen.
Ein Grund für das Tempo sei die Griechenlandkrise. Der Unwillen der EU-Partner und Brüssels, ein EU-Mitglied ziehen zu lassen, hätte die britische Regierung darin bestätigt, „dass die Reformen, die sie will, auch zugestanden werden“. Gleichzeitig habe Cameron eingesehen, dass von ihm gewünschte Änderungen des Lissabon-Vertrags in dem von ihm gesetzten Zeitfenster unwahrscheinlich seien. Cameron wolle außerdem die derzeit hohe Zustimmung zur EU bei den Briten für ein schnelles „Ja“ beim Referendum ausnutzen.
Damit verbunden sei, ähnlich dem schottischen Referendum, das Versprechen, Großbritanniens Reformwünsche im Falle eines „Ja“ für den Verbleib in der EU rasch umzusetzen. Andererseits glaube Cameron, dass die Kompromissbereitschaft der EU sinke, je näher man den deutschen Bundestagswahlen und der französischen Präsidentschaftswahl 2017 komme.
David Cameron will die Freizügigkeit in der EU einschränken
Camerons Schatzkanzler George Osborne führte gestern in Paris Gespräche mit französischen Kritikern der britischen Reformagenda, darunter Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Macron lehnt Großbritanniens Vorstellung eines Europa „à la carte“ ab, bei dem das Land „die Bedingungen seiner Mitgliedschaft selber wählt“. Osborne sieht das EU-Referendum dagegen als Reformchance für ganz Europa: „Ich möchte Vereinbarungen, die Europa wettbewerbsfähiger und dynamischer machen und allen, nicht nur Briten, Wohlstand und Sicherheit bringen“, sagte er.
Cameron nennt seine Forderungen nicht öffentlich, muss nach Ansicht moderater EU-Skeptiker aus seiner Partei aber mindestens in drei Kernbereichen Zugeständnisse fordern: die Sicherung des britischen Status außerhalb der Eurozone; Einschränkungen bei der Freizügigkeit innerhalb der EU und Rechte für das britische Parlament, Brüsseler Gesetzesinitiativen die „rote Karte“ zu zeigen.
Bei der traditionell proeuropäischen britischen Linken löst die Behandlung Griechenlands gerade eine Welle der EU-Kritik aus. Der Spitzenreiter im Kampf um die Labour-Parteiführung, Jeremy Corbyn, verweigerte am Wochenende ein klares Ja zur EU.
Der Politologe Ian Begg von der London School of Economics beurteilt die britischen Verhandlungschancen weniger optimistisch als Cameron. In einem Pamphlet für einen schwedischen Thinktank sieht er einen Austritt Großbritanniens für nicht weniger wahrscheinlich als einen Verhandlungserfolg. Auch Großbritannien gegenüber positiv gesinnte Partner wie der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi seien über Camerons mangelnde Kooperationsbereitschaft in der Flüchtlingsfrage oder bei einem weiteren Rettungspaket für Griechenland zunehmend ungehalten und könnten die Geduld verlieren, warnt er.
Britische Euroskeptiker wiesen indessen die jüngste „Einmischung“ von US-Präsident Barack Obama in die Angelegenheiten der EU zurück. Obama hatte der BBC erklärt, Großbritannien müsse als Garant der transatlantischen Partnerschaft in der EU bleiben. „Die USA wollen nur, dass ihr ältester Verbündeter im Herzen der EU ein Gegengewicht gegen die Ablehnung der USA bei den europäischen Eliten bildet“, sagte Robert Oxley, Sprecher der Anti-EU-Kampagne „Business for Britain“.