Begrenzung von Amtszeiten: Dauerkanzlerschaften sollten verhindert werden
Angela Merkel ist auf dem besten Weg sich den Kanzleramtszeit-Pokal zu sichern. Kein Wunder, dass es an jungen Talenten und neuen Ideen mangelt.
Martin Schulz setzt seine sommerliche Werbereise in eigener Sache fort. Umfragen bescheinigen ihm und seiner sozialdemokratischen Partei keine weiter nennenswerten Chancen auf Eroberung des Kanzleramts. Und ein Politikwissenschaftler sagt im Radio sinngemäß, dass sich die Lage für die SPD erst ändern werde, wenn Angela Merkel nicht mehr Spitzenkandidatin der Union ist.
Die Amtsinhaberin ist beliebt, sie steht für ruhige Verlässlichkeit, vor allem im Umgang mit den Krisen der Welt, das kann sonst keiner bieten. Wie auch, es ist ja keiner im Amt außer ihr.
Also allerhöchstwahrscheinlicherweise noch mal vier Jahre Merkel. Sie kann Konrad Adenauer (14 Jahre) überholen und mit Helmut Kohl (16 Jahre) gleichziehen, und wer weiß, vielleicht reitet sie am Ende der vierten Amtszeit der Teufel, und sie will den deutschen Kanzleramtszeit-Pokal in Platin. Dann tritt sie noch mal an und wird womöglich noch mal gewählt. 20 Jahre Merkel? Man kennt so etwas sonst eher aus afrikanischen Ländern.
Dürfte Merkel nicht mehr kandidieren, bliebe sie gleichwohl Parteivorsitzende und nähme als solche Einfluss auf den Kanzler ihrer Partei. Dann doch lieber das ehrliche Original als die Marionette. Das ist doch in Russland mit der Putin-Medwedew-Putin Konstruktion ähnlich.
schreibt NutzerIn waschi
Diese Dauerkanzlerschaften sind nicht gut. Für niemanden. Warum sie nicht begrenzen? Zwei Amtszeiten und fertig?
Die Amtsinhaber laufen über die Jahre Gefahr, sich zu wichtig zu nehmen. Helmut Kohl sowieso, aber auch Angela Merkel, der Eitelkeit sonst nicht verdächtig, wirkt wie eine indignierte Königin, wenn sie im TV-Interview nicht huldvoll genug behandelt wird. Und dieser Wahlkampf, den sie bisher ohne größere inhaltliche Festlegungen führt – ist das nicht eine ziemlich selbstgefällige Ich-bleib’s-ja-sowieso-Machtdemonstration?
Angela Merkel rautelt weiter Tag um Tag ihre Hände
Aber die Bürger haben ja offenbar Gefallen daran. Vielleicht machen sie auch einfach nur nicht mehr mit im großen Demokratiespiel, weil es langweilig ist und die Spielregeln überholt werden müssen. Die Beständigkeit an der Regierungsspitze sediert das politische Bewusstsein. Es vernebelt das Gefühl für mögliche Wechsel und irgendwann auch das Bedürfnis danach. Mehltau für die Köpfe.
Von der Generation Golf, die ja die Generation Kohl war, sind zahlreiche solche Einschätzungen überliefert, gerade erst zum Tod des Altkanzlers waren sie überall noch mal nachzulesen. Alles Mögliche kam und ging – nur Kohl blieb. Was wird irgendwann alles gekommen und gegangen sein, und Angela Merkel rautelt weiter Tag um Tag ihre Hände und spricht immer rätselhaftere Sätze?
Und auch den Parteien nutzt es nicht, dass da eine überragende Person an ihrer Spitze steht, wenn deren Machterhaltungsstrategie darin besteht, mit einem kleinen Kreis von Loyalen die Konkurrenz im Griff zu behalten. Weil so kein Nachwuchs heranwächst, der mal übernehmen kann und will.
Deutschland erlebt das jetzt schon zum dritten Mal in der Bundesrepublik. Die ehemaligen DDR- Bürger kennen die immerselben Regierenden, die Politbüroewigchefs, die Minimachtzirkel, die das eigentliche Sagen hatten, noch viel besser. Hüben wie drüben hat die Dauerhaftigkeit nichts Gutes bewirkt. Sie hat bewahrt, statt zu gestalten, Zukunft vor sich hergeschoben, statt sie anzupacken, sie war nicht auf der Höhe der Zeit.
Begrenzte Kanzlerschaften würden personelle Alternativen fördern
Der Journalist Martin Rupps beschreibt das aktuelle Regierungsberlin in seinem Buch „Kanzlerdämmerung“ als „ein geistiges ,Wandlitz‘, umgeben von Denkverboten und bewohnt von Frauen und Männern, die den Löwenanteil ihrer Lebenszeit miteinander“ verbringen: „ohne Pause, ohne Auszeit, ohne Phasen der körperlichen und geistigen Regeneration“. Nur älter werden sie dabei alle noch. Klingt das gut?
Würden Kanzleramtszeiten begrenzt, wäre die Notwendigkeit zum Aufbauen, Fördern und Durchlassen von personellen Alternativen da. Es bräuchte mehr kompetenten Nachwuchs, und damit käme mehr inhaltliche Wachheit. Es würde bunter, vielleicht auch lauter und lebendiger. Es wäre Schluss mit den patriarchenhaft wirkenden Strukturen, in denen viel zu viel auf eine Person zugeschnitten ist.
Wohin solches Dauercheftum führt, wird meist im Bereich der Wirtschaft laut beklagt, wenn Firmengründer oder -chefs es bis zum letzten Tag ihrer Ägide unterlassen, jemanden als Nachfolger aufzubauen, also jemanden, der für Zukunft steht und mit seinem ganzen frischen Wind nicht an den fest verschlossenen Türen des Chefetagenelfenbeinturms scheitert.
Ganz so schlimm ist die Lage in Deutschland sicherlich (noch) nicht, und vermutlich wird Angela Merkel 2021 die Nase voll haben von ihrem Kanzleramt und dann darf mal jemand anderes ran. Aber was, wenn nicht?
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