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Präsident Donald Trump hat seinen Chefideologen Steve Bannon am Freitagabend gefeuert.
© Carlos Barria/Reuters

Nach Bannon und Charlottesville: Das war’s für Trump – oder?

Konzerne, Partei, Militär wenden sich vom US-Präsidenten ab. Da hilft ihm auch das Bauernopfer Steve Bannon nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Nach der Woche ist Donald Trump politisch fällig, nicht wahr? Das ist nun oft zu hören, in einem Mix aus Fremdschämen, Empörung und Verwunderung: Wenn die Wirtschaftsbosse, die eigene Partei und das Militär sich gegen den Präsidenten stellen, kann er nicht lange überleben. Da rettet ihn auch kein Bauernopfer wie der Rausschmiss des rechten Chefideologen Steve Bannon. Es folgen die Stichworte Amtsenthebung, Rücktritt, mitunter sogar Attentat.

Was Trump sich erlaubt, ist beispiellos. Ebenso die breite Abkehr von ihm. In Charlottesville gröhlen Rechtsradikale rassistische und antisemitische Parolen. Einer steuert sein Auto in Gegendemonstranten: Terror, wie man ihn von Islamisten kennt. Der Präsident aber weigert sich, die Schuldigen zu benennen. Nur kurz lenkt er ein, als der öffentliche Druck wächst. Tags drauf der Rückfall in einer Pressekonferenz. Er soll für sein Infrastrukturprogramm werben, lässt sich aber zu einer Tirade hinreißen: Da sei linke wie rechte Gewalt am Werk, nur traue sich niemand, das zu sagen.

Redet Trump aus Überzeugung oder aus Kalkül, um Wähler am rechten Rand nicht zu verprellen? Das weiß nur er. Die Gegenreaktion hat ihn überrascht. Scharenweise treten Wirtschaftsbosse aus Beratergremien zurück. Zwei Ex-Präsidenten der Republikaner, Vater und Sohn Bush, verlangten, jeder Präsident müsse Rassismus, Antisemitismus und Hass verdammen. Führende Republikaner kritisierten Trump. Die Oberbefehlshaber des Heeres, der Luftwaffe, der Marine und der Nationalgarde verurteilen die Neonazis, in Abgrenzung zu Trump.

Im Weißen Haus wächst der Frust. Viele dort meinen, diese Präsidentschaft sei nicht mehr zu retten. Stabschef John Kelly sieht sein Bemühen um Regierungsdisziplin sabotiert. Gary Cohn, höchster Wirtschaftsberater und jüdischer Amerikaner, denkt an Rücktritt; die Verharmlosung des Antisemitismus empört ihn.

Einsicht ist von Trump nicht zu erwarten

Die Weltmacht USA verliert an Ansehen. Trumps Reaktion auf Charlottesville ist nur das jüngste in einer Reihe von Beispielen. Er eignet sich nicht als Präsident. Er hat keinen politisch-moralischen Kompass und keine Disziplin, die ihm helfen würden, überlegt und maßvoll zu reagieren statt spontan-emotional. Verantwortung und Redlichkeit sind ihm fremd. Er erfindet alternative Fakten, droht mit Atomwaffeneinsatz und Handelskrieg.

Lässt seine Präsidentschaft sich noch retten? Nein. Es gab zwar Präsidenten, deren Ansehen nach sieben Monaten ähnlich tief gesunken war, zum Beispiel Bill Clinton. Dennoch gelang ihm die Wiederwahl, weil er Fehler einsah und abstellte. Das ist von Trump nicht zu erwarten. Bannons Abgang macht es nicht leichter. Trumps Problem sind nicht falsche Berater. Er selbst ist sein ärgster Feind, weil er Ratgeber ignoriert, wenn sie sagen, was er nicht hören will. Bannon wird eine weitere Front eröffnen und dem Weißen Haus den Krieg von außen erklären.

Naht also das Ende dieser Präsidentschaft? Nochmals nein. In mehr als 200 Jahren US-Geschichte gab es noch keine Amtsenthebung. Trump tut gewiss viel für die Premiere. Doch Impeachment ist mehr ein politisches als ein strafrechtliches Verfahren. Für die Anklage ist die Mehrheit im Repräsentantenhaus erforderlich, für die Verurteilung eine Zwei- Drittel-Mehrheit im Senat. Es hängt also an Trumps Partei.

Den Republikanern mag dieser Präsident peinlich sein. Zum Äußersten aber greifen sie nur, wenn sie ihre Macht gefährdet sehen. Die Republikaner kontrollieren den Kongress und regieren 35 der 50 Bundesstaaten. Warum sollen sie ihre Dominanz durch ein umstrittenes Impeachment gefährden? Rund ein Drittel der Wähler hält zu Trump. Wenn sie sich von der Partei abwenden, weil die eine Amtsenthebung betreibt, wäre das gefährlicher. Für die Republikaner ist es sicherer, nur auf Distanz zu Trump zu gehen. Noch kann die Partei mit ihm leben, wenn auch eher schlecht als recht. Für die USA gilt: Trumps Präsidentschaft ist blockiert, er wird kaum noch etwas durchsetzen. Aber er wird bleiben.

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