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Heinz-Christian Strache bei seiner Rücktritts-Videokonferenz am vergangenen Samstag in Wien.
© Alex Halada/AFP

Strache und der Ibiza-Skandal: Das Video musste gezeigt werden

Strache wurde mit Methoden in eine Falle gelockt, die von der Stasi oder dem KGB stammen könnten. Das macht den Täter nicht zum Opfer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Deutsche Behörden haben wiederholt Steuer-CDs gekauft, die Daten von Bankkunden in der Schweiz enthalten. Diese Daten waren zuvor gestohlen worden. Wikileaks hat geheime Dokumente aus amerikanischen Ministerien auf seine Webseite gestellt. Diese Dokumente waren zuvor gestohlen worden. Die „Panama Papers“, deren Ergebnisse in 76 Ländern publiziert wurden, belegen eine Vielzahl von Geldwäschedelikten. Das Material war zuvor gestohlen worden.

Als die „New York Times“ im Jahr 1971 die streng geheimen „Pentagon Papers“ veröffentlichte, prozessierte die US-Regierung wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit. Das Oberste Gericht aber befand, dass das Geheimhaltungsinteresse eines Staates auch an illegal entwendeten Dokumenten geringer zu werten sei als die Pressefreiheit und das Interesse der Öffentlichkeit.

Wer auch immer das vor zwei Jahren auf Ibiza gedrehte Video angefertigt hat, auf dem sich der österreichische FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache um Kopf und Kragen redet, hat dessen Privatsphäre verletzt und dessen Recht am eigenen Bild missachtet. Strache war in eine Falle gelockt worden mit Methoden, die aus KGB- oder Stasi-Handbüchern hätten stammen können. Er selbst sprach von einem „gezielten politischen Attentat“.

Keine Gesellschaft sollte sich wünschen, dass solche Methoden im demokratischen Streit üblich werden. Wer steckt dahinter – und warum? Es ist richtig, diese Fragen zu stellen. Doch es wäre falsch zu glauben, dass dadurch der Täter zum Opfer wird. Strache mag womöglich Unrecht geschehen sein wie einem Steuerhinterzieher in der Schweiz. Oder wie der Nixon-Regierung, die durch die „Pentagon Papers“ zur Beendigung des Vietnamkrieges gezwungen wurde.

Der Rücktritt ist ein klares Schuldeingeständnis

Auch in Deutschland dürfen Medien Material verwenden, das unter zweifelhaften oder gar illegalen Umständen entstanden war. Sie müssen es auf Echtheit und Relevanz prüfen, die Motive des Informanten bedenken. Nachdem sie das aber getan haben, können sie die Öffentlichkeit informieren. Das ist ihr Auftrag und ihre Pflicht. Es wäre naiv, hinter mancher Publikation nicht auch Konkurrenzdruck zu wittern, gesteigert durch die digitalen Verbreitungsmöglichkeiten. Im Fall Strache jedoch scheinen sich die Akteure vorbildlich verhalten zu haben. Ihrem Anspruch, die Mächtigen zu kontrollieren und das Transparenzgebot in einem derart gravierenden Fall über das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zu stellen, sind „Spiegel“ und „Süddeutsche Zeitung“ gerecht geworden.

Das gilt selbst dann, wenn einige Protagonisten die Veröffentlichung als „Notwehr gegen die Vergiftung des Staates durch die FPÖ-Führer“ und als „Nothilfe für die österreichische Demokratie“ ideologisch überhöhen. Strache hat sich und seine Rechtspopulisten selbst demaskiert – als größenwahnsinnig, pressefeindlich und womöglich korrupt. Sein Rücktritt ist ein klares Schuldeingeständnis.

Allerdings ist das eine vorläufige Bilanz. Viele Hintergründe des Vorgangs liegen noch im Dunkeln. Die Öffentlichkeit, die latent kriminelle Politiker ebenso verachtet wie üble Tricks, hat das Recht, über Details informiert zu werden. Die originären Publikationsorgane unterliegen zwar der Pflicht zum Quellenschutz. Doch nur sie. In einer freien Medienlandschaft werden sich andere um weitere Aufklärung bemühen. Warum? Ganz einfach: um zu wissen, was war, gerade in diesem hochpolitischen Fall.

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