Armee verkündet Machtübernahme: Das steckt hinter dem Militärputsch in Thailand
In Thailand hat das Militär die Kontrolle über die die Regierung übernommen. Der Armeechef erklärte am Donnerstag, die Streitkräfte würden die Ordnung im Lande wiederherstellen - auch die Krawalle zwischen Gelb- und Rothemden sollen nun ein Ende haben.
Nach monatelangen politischen Unruhen hat das Militär in Thailand erneut die Macht übernommen. Das teilte Armeechef Prayuth Chan-ocha am Donnerstag in einer Fernsehansprache mit. Zuvor war ein letztes Versöhnungsgespräch zwischen den zerstrittenen politischen Lagern gescheitert.
„Die Armee hat die Macht ergriffen, um die politischen Institutionen zu reformieren und unserem Land wieder Einigkeit zu bringen“, sagte Prayuth. Beide Seiten hätten sich nicht einigen können, die Sicherheit sei angesichts der Gewalt am Rande der Protestaktionen tausender Regierungsgegner in Bangkok nicht mehr gewährleistet gewesen. Erst vor zwei Tagen hatte Prayuth das Kriegsrecht verhängt und dabei erklärt, dies sei kein Putsch. Auch werde die zivile Regierung nicht angetastet, hatte Prayuth zunächst verkündet.
Die Machtergreifung der Armee verlief ohne Waffengewalt
Im Einkaufsviertel von Bangkoks Innenstadt waren zunächst keine Panzer zu sehen. Allerdings waren Hunderte Soldaten an den Kundgebungsstätten von Regierungsanhängern und -gegnern zu sehen. Unmittelbar vor der Ansprache des Armeechefs hatten Soldaten den Anführer der Proteste gegen die Regierung, Suthep Thaugsuban, aus einer Treffen abgeführt, in dem die Armee mit den rivalisierenden Parteien seit Mittwoch über einen Ausweg aus der Staatskrise beriet. Am Abend verhängte die Armee eine Ausgangssperre. Sie gelte zwischen 22.00 Uhr und 05.00 Uhr, sagte ein Sprecher. Das Kriegsrecht bleibe weiter im ganzen Land in Kraft. Es erlaubt Soldaten unter anderem, Kundgebungen zu stoppen und Menschen ohne Haftbefehl festzunehmen.
Anführer der Regierungsanhänger, der sogenannten Rothemden, riefen ihre Leute auf, den Anweisungen der Armee Folge zu leisten. Die Rothemden hatten für den Fall, dass die 2011 demokratisch gewählte Regierung gestürzt wird, immer wieder mit Massendemonstrationen gedroht. Offiziell nennen sie sich "Vereinte Front für Demokratie statt Diktatur" (UDD) und wollen militärische Einflussnahme auf die Regierung verhindern. Dennoch, nach dem Coup war "Bleibt ruhig" die Botschaft der Wortführer an ihreAnhänger.
Unklar war zunächst, wo die Anführer der beiden Protestbündnisse der Rot- und Gelbhemden waren. Sie hatten an der jüngsten Verhandlungsrunde mit Prayuth teilgenommen. Nach Angaben von Augenzeugen wurden die Teilnehmer von Soldaten abgeführt und an einen Armeestützpunkt gebracht. Der zuletzt amtierende Regierungschef Niwatthamrong Boonsongpaisan hatte an den Gesprächen nicht teilgenommen. Offen war zunächst auch, wo er sich aufhielt.
Die Gelb- und Rothemden liegen seit acht Jahren im Streit
Hintergrund des Putsches ist der anhaltende Machtkampf zwischen dem Regierungslager, ebenjenen Rothemden, und seinen Gegnern, den Gelbhemden. Die Gelbhemden versuchen im außerparlamentarischen Bündnis „Demokratisches Reformkomitee des Volkes“ (PDRC) seit November, die Regierung mit Massendemonstrationen in die Knie zu zwingen. Diese ging aus dem 2006 vom Militär gestürzten Regierungschef Thaksin Shinawatra hervor. Ihm war Korruption und Machtgier vorgeworfen worden, damals stürzte die Armee Regierungschef Thaksin während einer Auslandsreise. Vorausgegangen waren ebenfalls Massenproteste auf den Straßen. Allerdings brachte die Technokraten-Regierung, die das Militär für ein Jahr einsetzte, nicht die gehoffte Versöhnung: Ein Jahr nach dem Putsch wählte das Volk Thaksin-Vertraute wieder an die Macht, und die Proteste gingen nach wenigen Monaten weiter.
Bei der letzten Wahl 2011 wurde die Nachfolgepartei Thaksins - mit seiner Schwerster Yingluck Shinawatra an der Spitze - erneut bestätigt. Yingluck wurde Regierungschefin, die Proteste der Gelbhemden nahmen wieder zu. Sie warfen Yingluck vor, der gechasste Thaksin steuere die Geschicke des Landes immer noch von seinem Exil. Yingluck hatte daraufhin im Februar versucht, Neuwahlen abzuhalten. Die Gelbhemden hatten mit Sit-Ins und Großdemonstrationen die Wahl verhindert und viele Thailänder vom Urnengang abgehalten. Anfang Mai setzte das Verfassungsgericht schließlich Yingluck wegen Korruptionsvorwürfen ab.
Als wichtigstes Ziel streben die Gelbhemden eine Reform im Land - anstatt durch immer wieder abgehaltene Neuwahlen den Status Quo der Thaksin-Vertrauten zu festigen.
Die Gelbhemden entstanden aus einer Oppositionsbewegung gegen Thaksin. Sie setzen sich vor allem aus Wirtschaftseliten und der gehobenen Mittelschicht zusammen. Auch Königstreue gehören zu den Gelbhemden; gelb gilt als die Farbe des Königs Bhumibol Adulyadej, der seit 1946 regiert und somit das weltweit am längsten amtierende Staatsoberhaupt ist. Thaksin hatte hingegen die thailändische Landbevölkerung und einfachen Bauern gefördert - diese kämpfen unter dem Begriff der "Rothemden" die Gelben.
(mit dpa)
Marc Röhlig
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