Mehrwertsteuer-Senkung, Strompreis, Kinderbonus: Das sind die Groko-Beschlüsse zum Konjunkturpaket
130 Milliarden Euro will der Bund ausgeben, um die Konjunktur zu beleben. Autoprämien gibt es nur für E-Autos, dafür wird die Mehrwertsteuer zeitweilig gesenkt. Die Beschlüsse im Überblick.
Mehr Geld für Familien und Kommunen, Entlastungen beim Strompreis - und eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer: Mit einem riesigen Konjunkturpaket will die schwarz-rote Koalition die Wirtschaft in der Coronakrise ankurbeln. Union und SPD streben außerdem einen „Modernisierungsschub“ an und wollen Zukunftstechnologien etwa für mehr Klimaschutz fördern.
Das Konjunkturpaket soll für 2020 und 2021 einen Umfang von 130 Milliarden Euro haben. 120 Milliarden entfallen dabei auf den Bund, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwochabend sagte. 57 Punkte umfasst das Papier, das die Koalition als "Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket" und als "Zukunftspaket" vorstellt.
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Damit sollen Wirtschaft und Konsum der Bürger wieder angekurbelt werden. Infolge der Coronakrise wird die bisher schwerste Rezession der deutschen Nachkriegsgeschichte erwartet. Zur Deckung der Ausgaben muss der Bund neue Schulden aufnehmen. Finanzminister Scholz sprach von einem Nachtragshaushalt, ohne den Umfang zu nennen. Die Beschlüsse im Überblick:
Mehrwertsteuer-Senkung
Ein „Herzstück“ des Paketes ist nach den Worten des CSU-Vorsitzenden Markus Söder eine Senkung der Mehrwertsteuer. Vom 1. Juli an bis zum 31. Dezember 2020 soll der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 16 Prozent und für den ermäßigten Satz von 7 Prozent auf 5 Prozent gesenkt werden. Um rund 20 Milliarden Euro werden die Verbraucher entlastet, wenn die Preise entsprechend sinken.
Keine Erhöhung der Sozialabgaben
Die Sozialabgaben sollen trotz Mehrausgaben und Einnahmeeinbrüchen auch 2021 bei höchstens 40 Prozent stabilisiert werden. Dafür werden Steuermittel aus dem Bundesetat an die Sozialkassen überwiesen. Die Kosten der "Sozialgarantie 2021" werden für 2020 mit 5,3 Milliarden Euro beziffert - für 2021 seien sie noch nicht bezifferbar.
Prämie nur für E-Autos
Dagegen entschieden sich die Spitzen der großen Koalition gegen eine Kaufprämie für abgasarme Benziner und Dieselautos. Bei der bestehenden Kaufprämie für Elektroautos verdoppelt der Bund seinen bisherigen Anteil auf 6000 Euro und nennt dies nun "Innovationsprämie" statt "Umweltprämie".
"Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt", heißt es in der Einigung - sie beteiligen sich bisher mit bis zu 3000 Euro an der Prämie.
Die Kfz-Steuer soll künftig stärker an den Kohlendioxid-Emissionen ausgerichtet werden. Zudem wird ein Bonusprogramm für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie in Höhe von jeweils einer Milliarde Euro für die Jahre 2020 und 2021 aufgelegt.
Weitere Milliarden fließen in den Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur für E-Autos und die Batteriezellenfertigung. Vor allem die SPD hatte sich vehement gegen Prämien für Benziner und Diesel gestemmt.
Strompreise sollen gesenkt werden
Bei den Stromkosten sollen die Bürger entlastet werden. Dafür soll die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostrom-Anlagen ab 2021 über Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt auf 6,5 Cent/Kilowattstunde gesenkt werden und im Jahr darauf auf sechs Cent sinken. Kosten: etwa elf Milliarden Euro.
Kinderbonus von 300 Euro
Die Spitzen von Union und SPD einigten sich auch auf einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind. Der Bonus wird mit dem Kinderfreibetrag bei der Steuererklärung verrechnet. Hartz-IV-Bezieher bekommen ihn zusätzlich zur Sozialhilfe ohne Abzüge.
Für Alleinerziehende gibt es für 2020 und 2021 eine zusätzliche Steuerentlastung. Zudem sollen die Kitas weiter ausgebaut werden.
Kommunen werden entlastet - kein Erlass der Altschulden
Die finanziell schwer getroffenen Kommunen bekommen ebenfalls Milliardenhilfen. Der Bund übernimmt künftig drei Viertel statt derzeit knapp die Hälfte der Miet- und Heizkosten von Hartz-IV-Beziehern. Etwa vier Milliarden Euro sparen die Kommunen dadurch.
Zudem will der Bund gemeinsam mit den Ländern den Gewerbesteuereinbruch der Kommunen ausgleichen, der auf 11,8 Milliarden Euro geschätzt wird. Den Bund würde das 5,9 Milliarden Euro kosten.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sagte, die enorme Entlastung werde die Kommunen investitionsfähig machen. Die Altschulden der Kommunen sollen - anders als von der SPD gefordert - aber nicht getilgt werden.
Milliarden für die Bahn
Die Bahn soll vom Bund wegen Einnahmeausfällen in der Corona-Krise Milliarden-Hilfen bekommen. Demnach sollen zur Aufstockung des Eigenkapitals weitere fünf Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Geplant sind außerdem Hilfen von 2,5 Milliarden Euro für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Überbrückungshilfen für Unternehmen in Not
Die Koalitionsspitzen einigten sich auch auf eine zusätzliche Unterstützung in Milliardenhöhe für Branchen, die von der Coronakrise besonders belastet sind.
Geplant sind „Überbrückungshilfen“ im Umfang von maximal 25 Milliarden Euro. Sie gelten branchenübergreifend, mit Besonderheiten für besonders betroffene Wirtschaftszweige wie etwa Hotel- und Gaststättengewerbe oder auch Reisebüros und Messebetriebe. Festgemacht werden sie an der Höhe des Umsatzeinbruchs.
Außerdem soll es steuerliche Entlastungen geben, damit die Liquidität von Firmen gesichert wird und diese Spielräume für Investitionen haben.
Viele Milliarden für Zukunftstechnologien
Fast die Hälfte der 130 Milliarden Euro des Pakets fließt nach den Worten von Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) in Zukunftsbereiche wie die Wasserstoffwirtschaft, Quantentechnologien oder Künstliche Intelligenz. Karliczek sagte der dpa, ein so „kraftvolles Zukunftspaket“ habe es noch nie gegeben.
Der digitale Wandel soll auch in der öffentlichen Verwaltung vorangebracht werden. Ziel der Koalitionspartner sei es, Deutschland schnell wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen, der Arbeitsplätze und Wohlstand sichere, heißt es in einem Papier.
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Bund gibt Geld für die Aufforstung der Wälder
Die schwarz-rote Koalition will auch Deutschlands Wäldern und der Holzwirtschaft helfen, mit 700 Millionen Euro zusätzlich. Das Geld solle für die Aufforstung, den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung von Wäldern bereitgestellt werden.
Nach zwei Dürrejahren habe auch 2020 trocken begonnen, die Holzpreise seien - auch wegen der Corona-Pandemie - stark gesunken. Vergangenen Herbst hatten Bundesregierung und Länder bereits 800 Millionen Euro Nothilfen für Wälder angekündigt. (Tsp, dpa, Reuters)