Vor dem Corona-Gipfel am Mittwoch: Das sind die drei Streitpunkte zwischen den Bundesländern
Zwischen SPD- und unionsregierten Ländern deuten sich Differenzen an, zwei Papiere kursieren derzeit. Das ist der Stand vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen.
Am Mittwoch kommen die Länderchefs wieder mit der Bundesregierung in einer Videoschalte zusammen. Bei dem Corona-Gipfel soll eine Perspektive bis Weihnachten, möglicherweise sogar bis zum Jahreswechsel gegeben werden.
Angesichts des weiter hohen Infektionsgeschehens erwartet kaum noch jemand, dass die derzeitigen Beschränkungen Ende November auslaufen. Doch wie geht es im Dezember weiter?
Auch die unionsgeführten Bundesländer wollen den im November geltenden Teil-Lockdown offenbar bis zum 20. Dezember verlängern. Dies geht aus einem Positionspapier vor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Bereits am Freitag wurde bekannt, dass sich die SPD-geführten Länder ebenfalls in einem Papier für die Verlängerung bis zu diesem Tag ausgesprochen haben.
Dass eine Einigung der unionsgeführten Länder erfolgt sei, bestätigte am Montag Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). „Die Differenzen sind sehr gering“, sagte Haselhoff mit Blick auf die Ideen der SPD-regierten Länder. Doch so viel Übereinstimmung wie behauptet, gibt es dann doch wieder nicht. Denn ein Blick auf die Vorschläge zeigt Unterschiede in einigen Kernfragen - allerdings auch Gemeinsamkeiten. Hier der Überblick:
Streitpunkt Inzidenz: Wann wird gelockert?
Die Unionsländer schlagen vor, dass in Ländern und Landkreisen, die weniger als 50 Neuinfektionen pro Woche pro 100.000 Einwohner haben, Lockerungen von den Corona-Einschränkungen vorgenommen werden können. Davon könnten nach dem Stand von Montagmittag nur Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie rund ein Dutzend Landkreise profitieren. Andersherum können die Maßnahmen in Hotspot-Landkreisen auch lokal verschärft werden. Ob das auch schon für den Zeitraum vor dem 20. Dezember gilt, ist unklar.
Nach dem Willen der SPD-geführten Länder sollen Bundesländer allerdings erst ab einer Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen von den Einschränkungen abweichen und Lockerungen vornehmen können. Das aber schon vor dem 20 Dezember. Falls die Maßnahmen deutschlandweit dann noch nicht zu einer Reduzierung zum Beispiel bei der Inzidenz und anderer "relevanter Faktoren" geführt haben, werden die Maßnahmen jeweils um zwei Wochen verlängert. Länder, die die 50er-Inzidenz einhalten können dann schon Maßnahmen lockern.
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Streitpunkt Schulen: Wer muss eine Maske tragen und wann?
Die Ministerpräsidenten der Unionsländer fordern vor und auf den Geländen aller Schulen eine grundsätzliche Maskenpflicht - allerdings sollen Ausnahmen für Grundschulen möglich sein. Die Umstände, unter denen die Ausnahmen gewährt werden können, wurden noch nicht konkretisiert. Die Vorlage der SPD-Länder sieht eine Maskenpflicht erst ab der siebten Klasse vor.
Streitpunkt Silvester: Ist Böllern möglich?
Ein weiterer möglicher Streitpunkt sind die Böller und Feuerwerke an Silvester. Während die SPD-Regierungen diese ganz verbieten wollen, sind die unionsgeführten Länder offenbar gegen ein generelles Verkaufsverbot. Stattdessen soll es nur einen Appell geben und ein Verbot an belebten Orten.
Gemeinsamkeit bei Kontaktbeschränkungen und Hilfen
Gemeinsamkeiten betreffen die Kontaktbeschränkungen. Zusammenkünfte sollen auf Treffen mit Personen aus dem eigenen sowie eines weiteren Hausstandes beschränkt werden, maximal jedoch auf fünf Personen. Kinder bis 14 Jahren sind bei dieser Regelung ausgenommen. Lockerungen der Kontaktbeschränkungen über die Weihnachtstage sind angedacht.
Auch wollen SPD- wie unionsregierte Länder die staatlichen Hilfen für betroffene Betriebe bis zum 20. Dezember verlängern. Zudem wollen die unionsgeführten Länder Lockerungen beim Datenschutz prüfen, um die Corona-Warn-App effektiver zu machen.
Was will die Bundesregierung?
Auch die Regierung geht offenbar davon aus, dass die Maßnahmen über den November hinaus verlängert werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wird übereinstimmenden Berichten vom Sonntag zufolge weitere 65 Milliarden Euro Schulden aufnehmen. Darin enthalten sei ein zusätzlicher „Lockdown-Puffer“, wie die „Bild“ schreibt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte schon nach dem letzten Treffen deutlich gemacht, dass sie sich weitergehende Entscheidungen erhofft hatte. Notwendig sei eine „geschlossene, gemeinsame Antwort“ von Bund und Ländern, sagt Merkel am Sonntag in Berlin. „Daran arbeiten wir jetzt.“
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der „Bild am Sonntag“ (BamS): „Alles spricht dafür, dass die aktuellen Beschränkungen über den 30. November hinaus noch eine Zeit lang fortgesetzt werden müssen.“ Er sagte, dass es trotz sichtbarer Ergebnisse „noch nicht reicht“. Jeder ahne, „dass es noch Verlängerungen geben muss“ bei den beschlossenen Maßnahmen.
Eine große und noch offene Frage ist, welche Regeln an den Festtagen gelten sollen. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte dazu am Samstag dem „Redaktions Netzwerk Deutschland“: „Es ist für mich nicht vorstellbar, dass die Großeltern an Weihnachten nicht mitfeiern“. „Deswegen muss man besondere Sorgfalt walten lassen.“
Braun betonte: „Wichtiger als die Anzahl der Menschen, die zusammenkommen, ist, dass man vorher seine Kontakte reduziert und darauf achtet, dass niemand Symptome hat.“
Aber nicht nur Weihnachten, sondern insbesondere auch Silvester stehen im Fokus. Bereits bei der Unionsfraktionssitzung am Dienstag soll Merkel gesagt haben, dass die Frage, wie man Silvester gestalte, „noch komplizierter“ sei. Dies müsse auch noch auf europäischer Ebene besprochen werden.
Wenn etwa Österreich durch den dortigen harten Lockdown relativ schnell von der sehr hohen Infektionsrate herunter komme, müsse man trotzdem aufpassen, dass nicht zu Silvester wieder alles eingerissen werde, indem dort die Skisaison eröffnet werde.