Deutschland und die USA unter Trump: „Das Jahr 2019 wird noch anstrengender“
Das deutsch-amerikanische Verhältnis wird nicht mehr werden, wie es einmal war: Transatlantik-Koordinator Peter Beyer erklärt, wo es am meisten hakt.
Herr Beyer, an diesem Sonntag ist US-Präsident Donald Trump genau zwei Jahre im Amt. Waren Sie damals geschockt, dass er die Wahl gewonnen hatte?
Es hat mich überrascht. Und ja, im politischen Berlin war in den Tagen nach der Wahl eine Schockstarre zu beobachten, weil keiner wusste, wie man damit umgehen sollte.
Wie würden Sie das transatlantische Verhältnis heute bezeichnen?
Als sehr schwierig. Andererseits glaube ich fest an ein starkes transatlantisches Fundament, das diese Schwierigkeiten aushält. Falsch wäre aber, alles nur aussitzen zu wollen. Auch nach Trump wird es nicht mehr so werden, wie es einmal war. Gerade das Jahr 2019 wird in dieser Beziehung noch anstrengender.
Warum glauben Sie das?
Alle problematischen Themen – das Handelsverhältnis, die Reform der Welthandelsorganisation oder North Stream 2 – müssen ja irgendwann mal einer Lösung zugeführt werden. Auf amerikanischer Seite sehe ich da aber keine Kompromissbereitschaft. Und auch die Europäer müssten sich noch bewegen. Hinzu kommt die russische Verletzung des INF-Abrüstungsvertrags.
Wo hakt es derzeit am meisten?
Gerade belastet der Streit um das Pipelineprojekt durch die Ostsee, North Stream 2, vor allem das deutsch-amerikanische Verhältnis, da hier vielleicht schon bald Sanktionen kommen. Die Briefe des US-Botschafters Richard Grenell lesen sich ja so. Auf der europäischen Ebene haben wir die festgefahrenen Handelsgespräche, das ist ein gärender Konflikt – und wir sind ja noch nicht einmal bei Verhandlungen. Auch sind die Strafzölle auf Automobilimporte immer noch nicht vom Tisch. Der Vertrag über die Mittelstreckenraketen und damit die Sicherheitsarchitektur Europas stehen zur Debatte. Und wir haben natürlich das Atomabkommen mit dem Iran, wo ich wenig optimistisch bin, dass es am Leben erhalten werden kann. Einfache Lösungen wird es bei diesen Themen nicht geben.
Als transatlantischer Koordinator der Bundesregierung reisen Sie immer wieder nach Washington und an andere Orte in die USA. Welche Art des Umgangs mit den amerikanischen Gesprächspartnern hat sich in der Ära Trump bewährt?
Wir mussten uns schon aneinander gewöhnen, vor allem an den neuen Umgangsstil. Persönliche Gespräche sind allerdings nach wie vor sehr gut. Geändert hat sich, dass selbst die Regierungsmitarbeiter auf den höheren Ebenen nicht mehr wissen, ob sie irgendeinen Einfluss auf Trump haben. Gerade jetzt kommt es darauf an, Präsenz zu zeigen. Ich war im vergangenen Jahr zehn Mal in den USA, um Gespräche zu führen.
Welche Fehler wurden auf deutscher und europäischer Seite im Umgang mit der Trump-Regierung gemacht?
Fehler wurden schon vor Trump gemacht. Zum Beispiel haben wir uns auf deutscher Seite nicht genügend für das transatlantische Handelsabkommen TTIP eingesetzt. Das hätte uns vieles erspart. Dazu kommt, dass sich kaum Abgeordnete für die Beziehungen interessierten. Darum bin ich auch gleich transatlantischer Berichterstatter geworden, als ich 2009 in den Bundestag eingezogen war – als Neuling im Parlamentsbetrieb.
Was kann man denn tun, um das Verhältnis zu verbessern?
Wichtig ist: nicht abwenden, nicht allein nach neuen Wertepartnern suchen. Wir müssen engagiert bleiben und auch bereit sein, voneinander lernen zu wollen, auch von den Menschen außerhalb der Hauptstädte. Ich würde gerne sehen, dass wir nicht nur ein Deutschlandjahr in Amerika machen, sondern dass auch die Amerikaner eine Imagekampagne in Deutschland starten, um für Verständnis zu werben. Was jetzt passiert, ist ein Weckruf: Vielleicht werden die transatlantischen Beziehungen nun ein bisschen ehrlicher, weniger nostalgisch.
Im vergangenen Jahr war auffällig, dass Trump sich bei seiner Kritik immer wieder direkt auf Deutschland bezogen hat. Wie erklären Sie sich das?
Der Präsident weiß ganz genau, dass er mit der Kanzlerin als stärkster politischer Führerin in Europa und Deutschland als stärkster europäischer Volkswirtschaft genau dort den Hebel ansetzen muss, um in Europa etwas zu erreichen. Darum wollte Grenell unbedingt in Deutschland Botschafter werden, wie er mir gegenüber gesagt hat: Europa zu beeinflussen geht über Berlin.
In Umfragen äußern sich die Deutschen häufig besonders kritisch über den US-Präsidenten und auch über das Verhältnis zu den USA. Woran liegt das?
Auf die Obama-Euphorie folgte der krasse Image-Einbruch über den Atlantik. Die Deutschen mögen Trump nicht. Das liegt an seinem Stil, an seinem Deutschland-Bashing, an seinem Vertreter in Deutschland, der selbst verursacht einen schlechten Start hatte. In der Tat erleben wir gerade einen Tiefpunkt des Amerika-Images in Deutschland. In diesen schwierigen Zeiten wäre es meiner Ansicht nach auch gut, wenn Trump offiziell Deutschland besuchen würde. Angela Merkel hat ihn ja im vergangenen Jahr eingeladen.
Die Proteste kann man sich vorstellen ...
Das müssten die Deutschen dann eben aushalten. Klar: So etwas kann auch nach hinten losgehen. Aber ich persönlich fände das spannend.
Das Interview führte Juliane Schäuble.