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Alexej Nawalny, Oppositionsführer aus Russland, wurde höchstwahrscheinlich vergiftet.
© Pavel Golovkin/AP/dpa
Update

Die Stoffe werden auch in chemischen Waffen eingesetzt: Das ist die Substanz, mit der Nawalny vergiftet worden sein könnte

Der russische Oppositionspolitiker wurde wahrscheinlich vergiftet. Davon geht die Berliner Charité aus. Die EU fordert lückenlose Aufklärung von Russland.

Ärzte der Berliner Charité gehen davon aus, dass der Kremlkritiker Alexej Nawalny vergiftet wurde. Darauf wiesen klinische Befunde hin, teilte eine Sprecherin der Klinik am Montag in Berlin mit. Der Gesundheitszustand Nawalnys sei ernst, es bestehe aber keine akute Lebensgefahr. 

Die EU fordert eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls. „Die russischen Behörden müssen unverzüglich eine unabhängige und transparente Untersuchung (...) einleiten“, heißt es in einer am Montagabend veröffentlichten Erklärung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell.

Die konkrete Substanz, mit der Nawalny vermutlich vergiftet wurde, sei bisher nicht bekannt, teilte die Charité mit. Die ersten  Untersuchungen deuteten aber auf eine Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin, hieß es von der Charité. Nawalny werde nun mit dem Gegenmittel Atropin behandelt.

Cholinesterasen sind körpereigene Enzyme, sie sind im Stoffwechsel unverzichtbar für den Abbau bestimmter Stoffe, insbesondere des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn. Sogenannte Cholinesterase-Hemmer hemmen dieses Enzym.

Sie sind als Medikamente auch in Deutschland auf dem Markt. Sie werden etwa bei Alzheimer-Demenz eingesetzt und sollen bei den Patienten die Kommunikation zwischen Nervenzellen anregen und so den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit zumindest leicht verzögern.

Hemmend auf das Enzym wirkende Substanzen können aber auch in Pflanzenschutzmitteln oder chemischen Waffen enthalten sein. Alkylphosphate in Pflanzenschutzmitteln etwa hemmen die Acetylcholinesterase. Als Sofortmaßnahme bei einer Alkylphosphatvergiftung gilt die Gabe von Atropin als Gegengift. Die Erholung des Enzyms dauert mehrere Wochen.

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Die Wirkung des Giftstoffs sei mehrfach und in unabhängigen Laboren nachgewiesen worden. Der Ausgang der Erkrankung bleibe unsicher und Spätfolgen, insbesondere im Bereich des Nervensystems, könnten zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, so die Sprecherin.

Nawalny seit Donnerstag im Koma

Der prominente russische Oppositionelle liegt bereits seit Donnerstag im Koma. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Sibirien versorgt, am Wochenende aber in die Charité überstellt. Erst nach stundenlangem Hin und Her hatten die Mediziner in Omsk am Freitag ihre Bedenken gegen einen Transport nach Deutschland fallen gelassen. 

Die Klinik in Omsk erklärte der Agentur Interfax zufolge am Montag, dass sie die Ergebnisse der Labortests und anderer Proben ihren deutschen Kollegen zur Verfügung stellen wolle. MRT-Aufnahmen seien bereits an die Charité überreicht worden. Aus Berlin sei im Gegenzug ein Brief eingetroffen, in dem sich die Mediziner für die Zusammenarbeit bedankt hätten, teilten die Gesundheitsbehörden mit.

Noch immer sind die genauen Umstände des Falls unklar. Nawalny hatte bei einer Reise in Sibirien in einem Flugzeug unter Schmerzen das Bewusstsein verloren. Zudem wurde bekannt, dass er bei dem Aufenthalt in Sibirien von Sicherheitskräften beschattet worden sein soll. (dpa)

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