Familienministerin Kristina Schröder: Das große Schweigen
Seitdem Medien am Wochenende das Gerücht in die Welt setzten, Familienministerin Kristina Schröder (CDU) wolle nach der Wahl nicht erneut dem Bundeskabinett angehören, macht auch ihr Pressesprecher kaum noch Aussagen. Und auch die Ministerin hüllt sich in Schweigen.
Wenn ein Sprecher nicht spricht, dann ist das allemal bemerkenswert. Und der Sprecher von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) macht schon seit dem Wochenende sehr, sehr wenige Worte. „Das kommentieren wir nicht“, war alles, was Christoph Stegmans zu der Zeitungsmeldung verlautbarte, seine Chefin werde, der Familie wegen, nach der Bundestagswahl auf keinen Fall wieder in ein Bundeskabinett gehen. Am Montag schiebt er nur noch einen weiteren Satz nach: „Bei solch einer Geschichte muss man sich doch immer fragen: Wer glaubt, dass sie ihm nutzt?“
Das ist wirklich eine interessante Frage. Als Dementi in der Sache selbst zählt es allerdings nicht. Da ein knallhartes Dementi aber so ziemlich das Einzige wäre, was diese Geschichte wieder halbwegs aus der Welt schaffen könnte, ist offenbar an ihr etwas dran. Übrigens könnten die Vertrauenserklärungen, die der Regierungssprecher der Ministerin namens der Kanzlerin ausspricht, ja auch eine Spur enthusiastischer ausfallen: „Sie schätzt die Zusammenarbeit“, sagt Steffen Seibert über Angela Merkels Verhältnis zu Schröder und bescheinigt ansonsten der Ministerin: „Sie erfüllt die Pflichten ihres Amtes ... absolut.“
Davon ist zwar auch in den eigenen Reihen nicht jeder restlos überzeugt; man kann da schon mal gönnerische Bemerkungen darüber hören, dass 35 Jahre ja wohl auch ein bisschen jung für ein gesellschaftspolitisch derart umkämpftes Ressort sei. Aber Schröder hat gerade erst im Quotenstreit der Union einen Auftritt im Bundestag hingelegt, der ihr viel Applaus aus den eigenen Reihen, zustimmendes Nicken der Kanzlerin und ein demonstratives Schulterklopfen des Fraktionschefs Volker Kauder eingetragen hatte. Schröder, Erfinderin der „Flexi-Quote“, einer Verpflichtung zur Selbstverpflichtung für die Wirtschaft, gehörte eigentlich zu den Verlierern jenes Spiels, mit dem ihre Dauerrivalin Ursula von der Leyen die starre Frauenquote ins CDU-Wahlprogramm geboxt hat. Aber Schröder ließ sich auf den Konflikt mit der Arbeitsministerin nicht ein, schaltete vorigen Donnerstag auf Attacke und warf den rot-grünen Frauen vor, zu ihren Regierungszeiten gar nichts für die Quote getan zu haben.
Eigentlich steht Schröder also im Moment nicht schlecht da. Die Frage, wer ein Interesse daran haben könnte, sie durch Indiskretionen zu beschädigen, ist freilich auch nicht schwer zu beantworten. Als vor kurzem die Hessen-CDU ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufstellte, hat Schröder den Platz eins ausgeschlagen. Sie hat das inhaltlich begründet, mit ihrem Eintreten für die Gleichstellung von Homo-Partnerschaften mit der Ehe. Dafür hat weder der um seine Wiederwahl kämpfende Ministerpräsident Volker Bouffier etwas übrig – Hessen wählt am Tag der Bundestagswahl auch seinen Landtag neu – noch der nun zum Bundes-Spitzenmann bestimmte Ex-Minister Franz Josef Jung. Sie könnten also ganz zufrieden sein, dass der Partei ein Spagat im Wahlkampf erspart bleibt – ließe nicht Schröders ungewöhnlicher Schritt die hessische CDU-Spitze jetzt doch relativ alt aussehen mit 61 (Bouffier) respektive 64 (Jung) Jahren.
Schröders Freunde in Hessen jedenfalls finden die Geschichte gar nicht witzig. „Ich bin stocksauer“, sagte der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Horst Klee. Er habe vor einer Woche ausführlich mit der Ministerin gesprochen; von einem Rückzug aus familiären Gründen sei nicht in Ansätzen die Rede gewesen. Die Meldung der „Bild am Sonntag“, in der als Quelle nur ein anonymisierter hessischer CDU-Spitzenpolitiker genannt wurde, komme jedenfalls nicht von ihr selbst, versichert Klee. Frau Schröder trage mit Familie, Ministeramt und Wahlkreismandat ein „schweres Paket“, bewältige das jedoch hervorragend.
Doch der Kreisvorsitzende dürfte wissen, wie schädlich schon das Gerücht ist, Schröder wolle ihr Paket erleichtern. In ihrer Heimatzeitung, dem „Wiesbadener Tagblatt“, firmiert sie bereits als „angeschlagene Kandidatin“, die beim Verzicht aufs Ministeramt „ihren vielleicht letzten noch verbliebenen Bonus“ verlöre.
Die Ministerin selbst übrigens ist am Montag im thüringischen Erfurt dienstlich unterwegs. Auf zugerufene Fragen nach ihrer Zukunft tut sie, was ihr Sprecher auch schon tat: Sie schweigt.