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Papst Franziskus in Asien.
© dpa

Papst Franziskus in Südkorea: Das Echo seiner Worte

Papst Franziskus besucht fünf Tage lang Südkorea. Seine Botschaft wird vor allem auch in China gehört. Denn für Kommunisten gibt es nur eine oberste Wahrheit. Und in China konvertieren täglich Tausende zum Christentum. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Beten, seligsprechen, Messen halten, Gerechtigkeit anmahnen, für Versöhnung eintreten. Auf den ersten Blick wirkt es, als mache Papst Franziskus auf seiner fünftägigen Reise nach Südkorea genau das, was ein Papst eben so macht. Reine Routine. Doch die Botschaften hinter seinen Botschaften sind durchaus gänsehauttauglich. Und in Asien, wo das Christentum zum Teil atemberaubend schnell wächst – insbesondere in China und Südkorea –, gibt es inzwischen genug Gläubige, die Ohren haben, diese Botschaften auch zu hören.

Ein Vergleich drängt sich auf. Als Papst Johannes Paul II. im Jahre 1978 sein Amt antrat, gab er das Motto aus: „Habt keine Angst! Öffnet, ja, reißt die Tore weit auf für Christus!“ Habt keine Angst – das hörten die polnischen Landsleute des Heiligen Vaters, und am Ende hatte die Gewerkschaft Solidarnosc die sozialistische Regierung gestürzt. Das liest sich als Kausalkette unmittelbarer, als es war. Paul II. war es nicht allein oder gar maßgeblich, der die ohnehin schon morschen Regentschaften jenseits des Eisernen Vorhangs zu Fall brachte. Aber die Mut machende Wirkung seiner Worte sollte keiner unterschätzen. Und Revolutionen ohne Mutige, die gibt es nicht.

Nun hat Südkorea heute sehr wenig mit dem Polen von damals gemein. Es ist ein technologisch führendes Industrieland mit einer trotz einiger Holprigkeiten leidlich gut funktionierenden Demokratie. Vielmehr ist es die geografische Nähe des Landes zu China, die den Papstbesuch brisant macht. Bereits auf seinem Hinweg hatte Franziskus aus seinem Flugzeug heraus ein Telegramm an Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping geschickt und ihm den „göttlichen Segen“ übermittelt. Dabei ist das Verhältnis zwischen Peking und dem Vatikan äußerst angespannt. Chinas Katholiken müssen papstfern sein, päpstliche Bischofsernennungen sind verboten und gelten als „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“. Die Partei muss auch für Gläubige an oberster Stelle stehen: Wer gegen dieses Dogma verstößt, wird mit Hausarrest oder Haft bestraft.

In Seoul spricht Papst Franziskus vor fast einer Million Menschen

Bei einem Freiluftgottesdienst in Seoul vor knapp einer Million Menschen sprach Franziskus jetzt 124 koreanische Christen selig, die im 18. und 19. Jahrhundert wegen ihres Glaubens gefoltert und getötet worden waren. Diese „Märtyrer“ waren fast ausschließlich Nicht-Geistliche, die sich in China hatten taufen lassen und anschließend das Wort Gottes in ihrer Heimat verkündeten. Christliche Laien, die trotz Drangsal, Verfolgung und Lebensgefahr an ihrem Glauben festhalten – das spiegelt zum einen die Bedrängnis wider, unter der Millionen von Christen, von Nahost bis Fernost, derzeit leiden. Zum anderen aber gründet sich darauf auch die Vitalität ihres Glaubens, die spirituelle Hingabe.

Die heutige Welt lege Christen oft nahe, Kompromisse zu schließen und die „radikalen Forderungen des Evangeliums abzuschwächen“, sagte der 77-jährige Pontifex, die Märtyrer hingegen hätten Besitz, Land, Ansehen und Ehre geopfert, weil „Christus allein ihr wahrer Schatz war“. Ihre Lehre sei gewesen, Christus „an die erste Stelle zu setzen“. Gepredigt wurden diese Worte in Südkorea, aber ihr Echo hallt zweifellos bis nach China hinein. Dort konvertieren täglich Tausende zum Christentum, es ist die am schnellsten wachsende Religionsgemeinschaft weltweit. Für Kommunisten indes gibt es nur eine oberste Wahrheit. Wer auf eine andere Macht hört und deren Regeln als Richtschnur seines Handelns akzeptiert, macht sich verdächtig.

Den christlichen Glauben zu stärken, wie Papst Franziskus es dieser Tage in Südkorea in seiner unnachahmlich zurückhaltend-bestechenden Art tut, bedeutet in Fernostasien zugleich, eine gehörige Portion Subversion zu transportieren. Das hebt diese Reise aus der päpstlichen Routine heraus. Wer Ohren hat zu hören, der höre.

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