zum Hauptinhalt
Das außenpolitische Gewissen der SPD: Der Rat des 92-jährigen Erhard Eppler ist weiterhin gefragt.
© picture alliance/dpa/Marijan Murat

Ehrhard Eppler und "Frieden 2.0": Das außenpolitische Gewissen der SPD meldet sich zurück

Ehrhard Eppler gründet den Gesprächskreis "Frieden 2.0". Der 92-Jährige kehrt zurück in die Politik, auch weil ihn der SPD-Kurs gegenüber Russland umtreibt.

Wenn ein Säulenheiliger von seiner Säule herabsteigt, dann muss die Lage ernst sein. Und Erhard Eppler (92) ist ein Säulenheiliger der SPD. Er hat jetzt einen Gesprächskreis „Frieden 2.0“ ins Leben gerufen. Am Dienstag kam der erstmals zusammen.

Nicht nur, dass Eppler Ehrenmitglied der Grundwertekommission ist – als mehrfacher Kirchentagspräsident, als eine der herausragenden Persönlichkeiten der Friedens- und Ökologiebewegung, als Vordenker moderner Entwicklungspolitik im Ministerrang ist er so etwas wie das außenpolitische Gewissen der SPD. Dabei unterstützte er den Kosovokrieg und den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr im Rahmen der Nato. Das ist Jahre her. Eppler kehrt jetzt zurück in die politische Diskussion, weil ihn der aktuelle Kurs gegenüber Russland nach Krimkrise und Ukrainekonflikt umtreibt und, ja, auch bedrückt.

Der Grund für seine nochmalige Intervention auf dem Feld der Außenpolitik ist nicht zuletzt im Biografischen zu suchen. Alle seine Lebensstationen haben ihn geprägt – darunter auch die, über die nicht so oft gesprochen wird; Eppler war zwei Jahre lang im Weltkrieg Soldat. Seither treibt ihn um, wie viel Deutschland militärisch angerichtet hat, welches Grausen, nicht zuletzt in Bezug auf Russland.

Der Gesprächskreis sieht Brandt als Ausgangs- und Anknüpfungspunkt

Unter anderem das aus Epplers Sicht undifferenzierte Bild vom größten Land der Erde hat ihn angetrieben, mit seinem Freund Robert Antretter (79) der fünf Wahlperioden für die SPD im Bundestag saß, den 16-köpfigen Gesprächskreis zu gründen, der sich alle vier Wochen treffen will. Erste Vortragende waren Eppler, der frühere Russlandbeauftragte der Regierung Gernot Erler und Ex-Außenminister Sigmar Gabriel. Unter den Teilnehmern sind Koryphäen wie Ernst-Ulrich von Weizsäcker.

Wo heute jüngere Abgeordnete, zum Beispiel Nils Schmid (45), wie Eppler und Antretter aus Baden-Württemberg, die Friedens- und Entspannungspolitik eines Willy Brandt als nicht mehr prägend bezeichnen, sieht der Gesprächskreis ganz im Gegensatz Brandt als Ausgangs- und Anknüpfungspunkt auch für eine Russlandpolitik 2.0. Auf fachlich-sachlicher Ebene, wie betont wird, soll eine weltweit renommierte Außenpolitik aktuell weitergedacht werden, die der besonderen deutschen Situation geografisch wie politisch gerecht wird.

Vor diesem Hintergrund wird Nils Schmids Kritik, die Russlandpolitik sei eine „Generationenfrage“, von Antretter als „antizipatorischer Gegenschlag“ gewertet. Schmid sei informiert und eingeladen gewesen. Aber die Diskussion über sozialdemokratische Außenpolitik der Zukunft geht ja weiter. In vier Wochen.

Zur Startseite