Nach der Wahl in Bayern: CSU will Koalitionsverhandlungen mit Freien Wählern
In Bayern bahnt sich eine schwarz-orange Regierung an. Das CSU-Präsidium entscheidet sich gegen die Grünen. Die finden das "schlecht für Bayern".
Nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit im bayerischen Landtag will die CSU Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern aufnehmen. Das beschloss das CSU-Präsidium einstimmig am Donnerstag in einer Telefonschalte, wie die Deutsche Presse-Agentur in München aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Am Freitag um 10 Uhr soll es losgehen.
Nach Angaben von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) werden die Gespräche voraussichtlich die gesamte nächste Woche dauern.
Die CSU erteilte damit den Grünen eine Absage. Mit beiden Parteien hatte die CSU am Mittwoch im Landtag Sondierungsgespräche geführt - und beide Treffen als konstruktiv und lohnend bezeichnet. Allerdings stehen die Freien Wähler der CSU deutlich näher als die Grünen.
CSU-Chef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder hatten deshalb schon zuvor keinen Hehl daraus gemacht, die außerhalb Bayerns unbedeutenden Freien Wählern zu präferieren. Deren Vorsitzender Hubert Aiwanger hatte am Mittwoch bereits klar gemacht, dass er keine großen Hindernisse für eine Koalition sehe.
Söder: "Fülle von Gemeinsamkeiten"
Die von den Grünen angestrebte Abschaffung der Grenzpolizei und der Ankerzentren für Flüchtlinge sowie ein genereller Abschiebestopp seien "nicht mit dem Rechtsempfinden der Bevölkerung und unserer Vorstellung vereinbar", sagte der CSU-Ministerpräsident. Mit den Freien Wählern gebe es hingegen eine "Fülle von Gemeinsamkeiten", wenn auch "einige Herausforderungen", die in den bevorstehenden Koalitionsgesprächen zu bewältigen seien.
Die Freien Wähler rechnen unterdessen mit einem schnelleren Ende der bayerischen Koalitionsverhandlungen mit der CSU als von der Verfassung des Freistaats vorgegeben. „Ich bin zuversichtlich, vor dem letzten Stichtag fertig zu werden“, sagte Parteichef Hubert Aiwanger am Donnerstag in München. Spätestens am 12. November muss der Landtag einen Ministerpräsidenten wählen. Das bedeutet, dass CSU und Freie Wähler sich bis spätestens dann auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben müssen.
Nach der Absage der CSU für Koalitionsverhandlungen an die Grünen hoffe er, dass die neue bürgerliche Koalition in Bayern auch über die Grenzen des Freistaats hinaus ein wichtiges Signal setzen könne, sagte Aiwanger. Mit ihrem pragmatischen Ansatz würden die Freien Wähler bei den Koalitionsverhandlungen Schnittmengen herausarbeiten und Probleme offen ansprechen. „Trotz aller Rivalitäten sind wir in der bürgerlichen Mitte mit den meisten Schnittmengen unterwegs“, sagte Aiwanger. Er betonte aber auch, dass die Freien Wähler keine bundespolitischen Visionen verfolgen, sondern für Bayern arbeiten wollten.
Grüne: Politischer Fehler
Die Grünen bezeichneten die CSU-Entscheidung als politischen Fehler. „Die CSU wählt den einfachen Weg und damit das politische „Weiter so“. Das ist schlecht für Bayern“, sagte Fraktionschef Ludwig Hartmann der Deutschen Presse-Agentur in München.
„Ich sage es ganz offen: Ich hätte Markus Söder mehr Mut gewünscht, den anstrengenden, aber erfolgversprechenden Weg mit uns Grünen zu gehen“, betonte Hartmann. Der Freistaat brauche dringend einen ökologischen Aufbruch und soziale Erneuerung. Das wäre mit den Grünen möglich gewesen, werde jetzt voraussichtlich hinten runterfallen.
Gespräche könnten Freitag oder Montag beginnen
Die Gespräche für das erste schwarz-orange Bündnis sollen am Freitag beginnen. Die Koalitionsverhandlungen stehen in Bayern unter hohem Zeitdruck, die bayerische Verfassung erlaubt keine lange Hängepartie. Spätestens am 5. November muss die erste Landtagssitzung stattfinden und bereits eine Woche später die Wahl des Ministerpräsidenten.
Die CSU war bei der Landtagswahl am Sonntag auf nur noch 37,2 Prozent abgestürzt und ist deshalb künftig auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die CSU stellt im Landtag 85 von 205 Abgeordneten, die Freien Wähler haben 27 Sitze, macht zusammen 112. Beide hätten zusammen also eine klare Mehrheit - nötig wären lediglich 103. (dpa)