Nach Korruptionsvorwürfen: CSU-Politiker Nüßlein zieht sich aus der Politik zurück
Die Affäre um Masken-Geschäfte geht weiter. Georg Nüßlein und Nikolas Löbel ziehen Konsequenzen.
Zwei Politiker ziehen aus den umstrittenen Geschäften mit Corona-Masken Konsequenzen: Georg Nüßlein und Nikolas Löbel. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Nüßlein wird sein derzeit ruhendes Amt als stellvertretender Fraktionschef niederlegen und bei der Bundestagswahl im September nicht mehr kandidieren, ließ Nüßlein am Freitag über seinen Rechtsanwalt in München erklären. Sein Abgeordneten-Mandat werde er noch bis zur Bundestagswahl ausüben.
Gegen den Parlamentarier wird von der Münchner Generalstaatsanwaltschaft unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt.
Die Ermittler hatten deswegen in der vergangenen Woche 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsuchen lassen und Beweismittel sichergestellt. Auch Nüßleins Büro im Bundestag wurde durchsucht. Neben Nüßlein gibt es einen zweiten Beschuldigten. Weitere Details nannte die Generalstaatsanwaltschaft nicht.
Nach Angaben von Nüßleins Anwalt war der Politiker über ein eigenes Beratungsunternehmen vor knapp einem Jahr an der Bestellung von FFP2-Masken durch öffentliche Stellen beteiligt. Nüßlein habe „mehrfach Kontakte zwischen den Beschaffungsstellen des Bundes und potenziellen Auftragnehmern“ hergestellt.
Die Vorwürfe gegen sich wies der Abgeordnete zurück. Er sei nicht an Entscheidungen zur Beauftragung von Masken-Lieferungen oder an Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen. Ebenso wenig hätten die Vorgänge die parlamentarische Tätigkeit als Abgeordneter berührt. „Die Vorwürfe der Bestechung werden deshalb entschieden zurückgewiesen“, betonte Rechtsanwalt Gero Himmelsbach.
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Unmittelbar nach den Durchsuchungen hatte Nüßlein zunächst zu den Vorwürfen geschwiegen. Der CSU-Politiker gehört dem Bundestag seit 2002 an, seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion.
"Aufgrund des komplexen Sachverhalts mit Auslandsbezug rechne ich nicht damit, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen abgeschlossen sind", teilte Nüßlein nun mit. "Das Ermittlungsverfahren stellt für meine Familie und für meine Partei, die ich fast 20 Jahre mit vollem persönlichen Einsatz im Bundestag vertreten habe, eine ganz erhebliche Belastung dar."
Auch der Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel zieht Konsequenzen und zieht sich aus aus dem Auswärtigem Ausschuss zurück. Das berichteten die „Stuttgarter Zeitung“ und der „Stuttgarter Nachrichten“. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend aus Kreisen der Unionsfraktion bestätigt.
Der CDU-Politiker soll laut "Bild"-Zeitung für die Vermittlung von Maskenlieferungen aus China zwölf Cent pro Maske verlangt haben. Laut "Spiegel" soll Löbel insgesamt 250.000 Euro Provision kassiert haben. Weitere CDU-Abgeordnete sollen laut "Spiegel" für Firmen oder Lieferanten von Masken geworben haben. Sie bestreiten mit Ausnahme von Löbel demnach jedoch, Gegenleistungen erhalten zu haben.
Löbel hatte eine Beteiligung an den Geschäften bestätigt und Fehler eingeräumt. „Als Bundestagsabgeordneter hätte ich gerade in der besonderen Pandemie-Situation auch in meiner unternehmerischen Tätigkeit sensibler handeln müssen“, teilte er am Freitag auf Anfrage mit. „Diesen Fehler mache ich mir selbst zum Vorwurf.“
Spahn: Das waren Wildwest-Zeiten im vergangenen Frühjahr
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte sich unter Hinweis auf die laufenden Ermittlungen am Freitag - noch vor der Erklärung Nüßleins - nicht im Detail zu dem Fall äußern. Er verwies aber darauf, dass es im vergangenen Frühjahr generell schwer gewesen sei, Masken zu beschaffen. "Das waren Wildwest-Zeiten", sagte der Minister. Der Bundestag hatte am Donnerstag vergangener Woche Durchsuchungen und Beschlagnahmen bei Nüßlein genehmigt.
In der Affäre um Nüßlein gibt es laut einem Bericht des "Spiegel" inzwischen auch ein Ermittlungsverfahren in Liechtenstein. Dabei soll es um den Verdacht der Geldwäsche gehen. Weiter hieß es, neben dem Bundesgesundheitsministerium habe der CSU-Politiker auch Geschäfte mit FFP2-Masken für die Bundespolizei eingefädelt. Das Magazin "Business Insider" hatte am Donnerstag berichtet, Nüßlein habe eine Scheinrechnung an ein Liechtensteiner Unternehmen gestellt, um mögliche Bestechungen zu verschleiern.
Vorwürfe gegen weitere Unionsabgeordnete
"Die neuen Enthüllungen über weitere dubiose Geschäfte von Unionspolitikern im Rahmen der Beschaffung von Atemschutzmasken sind besorgniserregend", erklärte dazu der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke. "Wir müssen jetzt entschlossen dem Eindruck entgegenwirken, dass Bundestagsabgeordnete käuflich wären", forderte er weiter. Dafür müsse es eine umfassende Reform der Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete geben.
Ein Verbot von bezahlter Lobbytätigkeit von Abgeordneten forderte auch Linken-Parlamentsgeschäftsführer Jan Korte. "Geschmierte Abgeordnete schaden der Demokratie und der Politik unendlich", erklärte er in Berlin. Die Koalition hat sich nach langem Ringen auf ein Lobbyregister verständigt, weitergehende Regelungen aber vorerst auf Eis gelegt. (dpa/AFP)
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