Vorwahlen bei Frankreichs Konservativen: Comeback mit 71
Alain Juppé hat gute Chancen, die Vorwahlen bei Frankreichs Konservativen zu gewinnen – und anschließend Präsident zu werden.
Alain Juppé hat schon alle wichtigen politischen Ämter in Frankreich innegehabt – fast alle. Er war Premierminister unter dem früheren Staatschef Jacques Chirac, er diente dessen Nachfolger Nicolas Sarkozy als Verteidigungs- und Außenminister. Jetzt, mit 71 Jahren, will der Konservative nach dem höchsten Amt greifen: Juppé will im Mai 2017 zum Nachfolger des amtierenden Staatschefs François Hollande gewählt werden. Die Chancen dafür stehen nicht einmal schlecht.
Sein härtester Konkurrent ist Sarkozy
Die härteste Konkurrenz für den Mann, den Chirac einst als „den Besten von uns“ bezeichnete, kommt nicht von den regierenden Sozialisten, sondern aus dem eigenen politischen Lager. Die parteiinternen Vorwahlen bei der Oppositionspartei „Les Républicains“ (LR), bei denen Ende November über den Präsidentschaftskandidaten des Mitte-Rechts-Lagers entschieden wird, sind zum Duell zwischen Juppé und seinem früheren Chef Sarkozy geworden. Zwar ist den Franzosen dabei bislang eine politische Schlammschlacht wie in den USA erspart geblieben, aber Ex-Präsident Sarkozy geht auch nicht gerade zimperlich mit seinem Gegner um – er bezeichnete Juppé als „Einfaltspinsel“.
Es passt zu Juppé, dass er einen derartigen verbalen Ausfall nicht mit gleicher Münze zurückzahlt. Anders als Sarkozy verströmt er die Aura eines französischen „Enarchen“, der nicht weniger als drei Elitehochschulen absolvierte. Egal ob Juppé politische Widersacher angreift oder auf zwischenstaatliche Differenzen hinweist – oft ist dabei feiner Spott im Spiel. In Berlin erinnert man sich beispielsweise an die deutsch-französischen Meinungsverschiedenheiten beim internationalen Libyen-Einsatz im Jahr 2011. Frankreich befürwortete damals die Mission, während sich Deutschland zurückhielt. Seine Kritik an der deutschen Haltung formulierte der damalige Außenminister Juppé so: „Manche EU-Partner halten die EU offenbar für eine humanitäre Hilfsorganisation“.
Juppé kann auch austeilen
Auch Sarkozy bekam es jüngst zu spüren, dass Juppé auch austeilen kann – auf seine Art. „In Rechtsfragen ist es besser, eine Vergangenheit zu haben als eine Zukunft“, konterte er den Vorwurf von Sarkozy und anderen innerparteilichen Herausforderern, er habe keine blütenweiße Weste. Tatsächlich war Juppé 2004 wegen einer Affäre um illegale Parteienfinanzierung zu einer Bewährungsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden. Anders als im Fall von Sarkozy, dem wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung seines Wahlkampfs von 2012 ein Verfahren droht, hält Juppé seine Begegnung mit der Justiz für abgehakt.
Als zweiten Angriffspunkt haben seine innerparteilichen Gegner das vergleichsweise hohe Alter Juppés ausgemacht. Juppé, der als Bürgermeister von Bordeaux in der Stadt im Südwesten Frankreichs hohes Ansehen genießt, ist der Älteste unter den insgesamt sieben Präsidentschaftsbewerbern im Lager der Konservativen. Dazu bemerkte Patrick Devedjian, der einen Départementsrat in der Nähe von Paris leitet und zu den Unterstützern Juppés gehört, dass auch Charles de Gaulle im Alter von 75 Jahren die Präsidentschaftswahl von 1965 gewonnen habe. Wem solche historischen Vergleiche nicht genügen, dem führte Juppé seine Jugend-Tauglichkeit in der vergangenen Woche bei einem Treffen junger Parteimitglieder in der Nähe von Paris vor Augen. 800 junge Menschen skandierten bei dem Meeting den Schlachtruf „On va gagner“ („Wir werden gewinnen“).
In den Umfragen liegt der Bürgermeister von Bordeaux vorn
Die Umfragen sprechen dafür, dass die Prognose eintrifft. Nach einer Umfrage vom Donnerstag liegt Juppé 14 Prozentpunkte vor Sarkozy, dem Kritiker ankreiden, sich allzu sehr bei den Wählern des rechtsextremen Front National anzubiedern. So forderte der Ex-Präsident ein gesetzliches Burkini-Verbot, was wiederum Juppé ablehnt.
Auch über die Parteigrenzen in Frankreich hinaus wird der Bürgermeister von Bordeaux inzwischen als möglicher neuer Hausherr im Elysée-Palast gehandelt. „Wenn Juppé bei den Vorwahlen gewinnt“, sagte die Zentrumspolitikerin Marielle de Sarnez, „wird er der nächste Präsident“.