Protest in Frankreich: Cohn-Bendit: "Gelbwesten" haben Rechtsextreme gestärkt
Der Protest der "Gelbwesten" in Frankreich flaut ab. Der frühere Grünen-Europaabgeordnete Cohn-Bendit sieht die Rechtsextremen als Profiteure der Bewegung.
Angesichts des abflauenden Protests der „Gelbwesten“-Bewegung in Frankreich hat Frankreichs Innenminister Christophe Castaner gefordert, dass die noch verbliebenen Demonstranten ihre Aktionen einstellen. Die noch von den „Gilets jaunes“ besetzten Verkehrskreisel im Land müssten geräumt werden, forderte Castaner am Wochenende. Zuvor waren bei den Protesten am Samstag nach Schätzungen des Innenministeriums landesweit 66.000 „Gelbwesten“ auf die Straße gegangen – deutlich weniger als am Wochenende zuvor.
Zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Zugeständnisse an die Demonstranten gemacht und unter anderem eine zusätzliche Zahlung von 100 Euro pro Monat für Mindestlohn-Bezieher ab dem 1. Januar angekündigt. Auch den protestierenden Rentnern war Macron mit der Ankündigung entgegengekommen, dass die umstrittene Erhöhung der Sozialsteuer CSG für Senioren mit Bezügen unter 2000 Euro wegfallen soll.
Nach der Ansicht des früheren Grünen-Europapolitikers Daniel Cohn-Bendit ist die rechtsextreme Partei „Rassemblement National“ der Nutznießer des seit vier Wochen andauernden Protests der „Gelbwesten“. „Die Gelbwesten haben die Rechtsextremen gestärkt“, sagte Cohn-Bendit dem Tagesspiegel. Die inzwischen von den Demonstranten erhobene Forderung nach Volksinitiativen sei „eine Losung von Marine Le Pen“, der Vorsitzenden des „Rassemblement National“, sagte Cohn-Bendit.
Umfragen zufolge liegt der „Rassemblement National“ bei der Europawahl im kommenden Mai vorn. Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Ifop von Anfang Dezember kann der „Rassemblement National“ 23,5 Prozent der Stimmen verbuchen, während die Regierungspartei „La République en Marche“ nur auf 15 Prozent kommt.
Volksinitiativen sollen das Parlament zum Teil umgehen
Cohn-Bendit bezeichnete die Forderung der „Gelbwesten“, künftig Volksinitiativen abzuhalten, als „Aufhebung der parlamentarischen Demokratie“. Am Samstag waren unter anderem in Paris Schilder mit der Aufschrift „RIC“ zu sehen. „RIC“ steht für „référendum d'initiative citoyenne“.
Ende November waren derartige Volksinitiativen zum ersten Mal in einem Forderungs-Katalog der „Gilets jaunes“ aufgetaucht. Der Idee zufolge sollen nationale Referenden über Gesetzesinitiativen innerhalb eines Jahres möglich sein, sobald sich mindestens 700.000 Unterstützer für ein entsprechendes Gesetzesprojekt zusammenfinden. Das Parlament soll der Forderung zufolge zwar eingebunden werden, aber bei der Initiierung der Gesetzesvorhaben nicht beteiligt werden.
Ursprünglich war die „Gelbwesten“-Bewegung durch den Protest von Bürgern vor allem auf dem Land gegen eine geplante Ökosteuer auf Diesel und Benzin entstanden. Die geplante Steuererhöhung hat die Regierung von Edouard Philippe für das kommende Jahr inzwischen wieder ausgesetzt.