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Hier winkt der Chef noch selber: Xi Jinping bei der Vorstellung des neuen Ständigen Ausschusses des Politbüros.
© REUTERS

KP-Parteichef Xi Jinping: China nach seinen Regeln

Xi Jinping stellt neue Spielregeln für das politische System Chinas auf. Er könnte nun sogar über 2022 hinaus Chef der Kommunistischen Partei bleiben.

Eigentlich hätte man nach Xi Jinping die Tür in der Großen Halle des Volkes gleich wieder schließen und erst nach ein oder zwei Stunden die weiteren sechs Mitglieder des Ständigen Ausschusses in den Saal rufen müssen. Das hätte die aktuellen Machtverhältnisse innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas realistisch dargestellt. Chinas Kommunisten und damit das ganze Land werden nicht länger wie unter Jiang Zemin (1989–2002) oder Hu Jintao (2002– 2012) von einer kollektiven Führung gelenkt, sondern von einem einzigen Mann: Xi Jinping. Das hat auch die Bekanntgabe der Besetzung des Ständigen Ausschusses des Politbüros am Mittwochvormittag in Peking unterstrichen.

Nach Xi Jinping schritt nämlich kein jüngerer Parteifunktionär durch die Tür, der dem allmächtigen Staats- und Parteichef beim 20. Parteikongress 2022 nachfolgen könnte. „Das ist eine drastische Abkehr von dem Brauch, künftige Führungskräfte aufzubauen, um eine reibungslose Machtübergabe zu ermöglichen“, sagt Matthias Stepan vom Berliner China-Forschungsinstitut Merics. Xi Jinping stellt neue Spielregeln auf. Nun wird wahrscheinlicher, was von vielen Experten schon länger vermutet wird: dass Xi Jinping nach 2022 noch weitere fünf Jahre im Amt des Generalsekretärs verbleiben könnte. Ähnlich lange blieben nur Deng Xiaoping und Mao Zedong an der Macht. Lediglich das Präsidentenamt müsste Xi Jinping nach aktuellen Regularien 2022 abgeben, doch dieser Posten hat aufgrund des Machtmonopols der Kommunistischen Partei eher zeremonielle Bedeutung.

Am Mittwoch hat das neue Politbüro Xi Jinping wie erwartet als Generalsekretär der KP China und als Vorsitzender der Militärkommission bestätigt. Hinzu kommt die Führung zentraler Steuerungskreise in der Partei, mit denen Xi Jinping die Macht noch unmittelbarer an sich herangezogen hat. Auch hatte der 19. Parteitag der KP China seine Ausnahmestellung weiter zementiert, indem er das „Xi Jinping Gedankengut“ in die Parteiverfassung aufnahm. Was Xi nun ideologisch auf eine Stufe mit Mao Zedong und Deng Xiaoping stellt. Wenn Mao China unabhängig gemacht habe und Deng wohlhabend, dann werde er es wieder stark machen, sagt Xi Jinping. Bis 2050 will er China in eine „Neue Ära des Sozialismus mit chinesischen Kennzeichen“ führen.

Zhao Leji wird wohl Chinas neuer Korruptionsbekämpfer

Dabei helfen sollen ihm die übrigen sechs Mitglieder im Ständigen Ausschuss, des mächtigsten Zirkels der Kommunistischen Partei. Nach dem Premierminister Li Keqiang folgten Li Zhanshu (67), Chef des Generalbüros des Zentralkomitees und enger Vertrauter des Parteichefs, sowie Wang Yang (62), Wang Huning (62), Zhao Leji (60) und Han Zheng (63). Dem jüngsten Ausschussmitglied Zhao Leji dürfte dabei eine besonders wichtige Rolle zukommen. „Er ersetzt mit großer Sicherheit Wang Qishan als obersten Korruptionsbekämpfer“, sagt der China-Experte Matthias Stepan, „der Anti-Korruptionskampf ist Xis wichtiges Instrument, um die Partei auf Linie zu halten.“ Zhao Leji dürfte den Kampf gegen die Korruption institutionalisieren. Als ehemaliger Chef der mächtigen Organisationsabteilung der Kommunistischen Partei hat Zhao Leji auch Zugriff auf die Personalakten aller Parteifunktionäre und sogar der Vorsitzenden der Staatsunternehmen.

In den kommenden fünf Jahren dürften sich die politischen und wirtschaftlichen Leitlinien aus Xi Jinpings erster Amtszeit weiter verstärken. „In Chinas Wirtschaftspolitik haben sich unter Xi die Tendenzen hin zu einer staatlich gelenkten und nur selektiv geöffneten Wirtschaft deutlich verstärkt“, sagt Matthias Stepan vom Merics-Institut. „Unter Xi greift die Partei stärker als zuvor in das Privatleben der Bürger ein, und China bewegt sich mithilfe moderner Informationstechnologien in Richtung eines digitalen Überwachungsstaats.“

Diese innenpolitische Verhärtung zeigte sich sogar in der Großen Halle des Volkes. Zwar lud Xi Jinping ausländische Journalisten ausdrücklich dazu ein, China zu bereisen und es besser kennenzulernen. Zugleich aber konnten sich wichtige internationale Medien wie die BBC, der „Guardian“ oder die „New York Times“ noch nicht einmal für die wichtigste politische Veranstaltung des Jahres akkreditieren. Der Klub der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) wertet das als Strafe für missliebige Berichterstattung. „Die Situation wird noch schlimmer werden“, sagt Qiao Mu, im Exil lebender Journalismus-Professor, dem „Guardian“: In Xis „Neuer Ära“ sei nur noch Platz für eine Stimme.

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