US-Präsident Donald Trump: Chaostage im Weißen Haus
Vorwürfe, Rücktritte und Desinteresse: Warum es in Donald Trumps Machtzentrale drunter und drüber geht.
Er gilt als strenger Zuchtmeister, der das Chaos in Donald Trumps Weißem Haus beenden und dabei auch noch den Präsidenten zügeln soll. Seit einem guten halben Jahr arbeitet John Kelly, ehemaliger General der Marineinfanterie, als Stabschef im amerikanischen Präsidialamt. Bisher galt der 67-Jährige als Garant der Stabilität in einer Regierung, die Disziplinlosigkeit zu ihren Markenzeichen zählt. Doch jetzt verursacht Kelly selbst Chaos in der Regierungszentrale. Schon wird über den Abgang des Ex-Generals spekuliert – im Weißen Haus geht es wieder drunter und drüber.
Kelly ist ins Gerede gekommen, weil er öffentlich lobende Worte für Rob Porter fand, den bisherigen Stabssekretär im Weißen Haus. Porter musste vor wenigen Tagen gehen, weil er seinen beiden Ex-Frauen gegenüber gewalttätig geworden sein soll. Die Vorwürfe wurden durch die „Daily Mail“ bekannt. Die Zeitung veröffentlichte ein Foto von einer der ehemaligen Gattinnen mit einem blauen Auge, das angeblich von Porter stammte. Der Beschuldigte wies alle Vorwürfe zurück. Doch dann wurde bekannt, dass die Bundespolizei FBI die Vorwürfe als glaubhaft wertet. Das FBI verweigerte Porter wegen der mutmaßlichen Gewaltausbrüche die eigentlich für einen Posten in der Nähe des Präsidenten notwendige Sicherheitseinstufung.
Als Stabssekretär legte Porter dem Präsidenten unter anderem streng geheime Dokumente vor – also ein mutmaßlicher Schläger im Zentrum der Macht. Kelly betonte zunächst, Porter sei ein Mann von „Integrität und Ehre“. Als der Sekretär doch seinen Hut nehmen musste, wollte Kelly seine Mitarbeiter und die Öffentlichkeit glauben machen, dass er erst sehr spät über die mutmaßlichen Gewaltausbrüche seines Mitarbeiters informiert worden sei. Dabei wusste das Weiße Haus schon seit gut einem Jahr Bescheid.
Kellys Ausrede und die merkwürdige Lobeshymne auf einen Mann, dem glaubhaft häusliche Gewalt vorgeworfen wird, sind nicht alles. Fast gleichzeitig kündigte ein weiterer Trump-Mitarbeiter wegen ähnlicher Vorwürfe. Redenschreiber David Sorensen soll vor einigen Jahren seiner damaligen Ehefrau eine brennende Zigarette auf der Hand ausgedrückt haben.
Trump bedauerte den Abgang von Porter und Sorensen und beklagte, die Karrieren beider Männer seien durch bloße Unterstellungen zerstört worden – für die betroffenen Frauen hatte der Präsident kein Wort der Anteilnahme übrig. Der Präsident, dem selbst sexuelle Übergriffe gegen Frauen nachgesagt werden, hat bereits häufiger mit der Parteinahme für Männer unter dem Verdacht der sexuellen Nötigung Schlagzeilen produziert.
Der Präsident fällt durch Desinteresse an den Weltläufen auf
Inzwischen wurde auch publik, dass Hope Hicks, Trumps Kommunikationsdirektorin und seit Jahren engste Mitarbeiterin des Präsidenten, die Freundin des mutmaßlichen Schlägers Rob Porter ist. Laut Medienberichten versuchte die 29-jährige Hicks, die Vorwürfe gegen ihren Lebensgefährten unter der Decke zu halten. Der „Washington Post“ zufolge ging die Stellungnahme von Kelly zur Verteidigung von Porter zum Teil auf Hicks’ Initiative zurück. Kelly soll dem Ex-Model Hicks vorgeworfen haben, ihm Informationen über Porter vorenthalten zu haben. Auch Trump sei sauer auf Hicks, melden die Zeitungen.
Wenn das Weiße Haus mit solchen Dingen beschäftigt ist, wundert es nicht, dass kaum Zeit für politische Inhalte oder die diversen Krisenherde in der Welt bleibt. Der Präsident selbst fällt ohnehin durch Desinteresse an den Weltläufen auf. Da sich Trump weigert, das tägliche Dossier der US-Geheimdienste zu lesen, befürchten Sicherheitsexperten laut der „Washington Post“, dass dem Weißen Haus in einer möglichen ernsten Gefahrensituation die Kenntnisse für eine angemessene Reaktion fehlen werden. Kelly hat es in seiner bisherigen Zeit im Weißen Haus zudem nicht geschafft, den Präsidenten von unüberlegten Twitter-Botschaften abzuhalten.
Angesichts des teilweise von ihm selbst verschuldeten Durcheinanders hat Kelly intern seinen Rücktritt angeboten, wie die „New York Times“ meldete. Trump sei schon auf der Suche nach einem Nachfolger, doch die Treffsicherheit des Präsidenten in solchen Angelegenheiten lässt zu wünschen übrig. Im vergangenen Jahr holte Trump den New Yorker Geschäftsmann Anthony Scaramucci als Kommunikationschef ins Weiße Haus. Doch dieser machte sich so unmöglich, dass er schon nach zehn Tagen wieder gehen musste. Diesmal denkt Trump laut Medienberichten darüber nach, seinen persönlichen Freund, den Milliardär Thomas Barrack Jr, als neuen Stabschef anzuheuern.