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Mehrere CDU-Politiker sind für Reformen bei der Gleichbehandlung homosexueller Lebenspartnerschaften.
© dpa

Kurswechsel: CDU will Gleichbehandlung homosexueller Paare

Nach der Kernenergie und dem Mindestlohn macht die CDU nun die nächste Kehrtwende: Mehrere Christdemokraten sind für die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften. Jetzt könnte alles sehr schnell gehen.

In der CDU deutet sich der nächste Kurswechsel an. Mehrere führende CDU-Politiker haben sich für Reformen bei der Gleichbehandlung homosexueller Lebenspartnerschaften ausgesprochen, was die Union bisher strikt abgelehnt hatte. Angesichts „der klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sollten wir jetzt möglichst rasch handeln und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung auch durchführen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, der „Süddeutschen Zeitung“.

Das Bundesverfassungsgericht hatte das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ausgeweitet. Der Vorsitzende der CDU in Baden-Württemberg, Thomas Strobl, hält eine schnelle Neuregelung bereits in den nächsten Wochen für möglich. „Das ganze ist kein gesetzgeberisches Hexenwerk, wenn wir uns gleich in der kommenden Woche zusammensetzen, dann bekommen wir das auch alles vor der Sommerpause in Ruhe hin“, sagte der CDU-Bundesvize dem Tagesspiegel. Er könne sich eine parteiübergreifende Lösung vorstellen. „Da sich die Positionen von SPD, Grünen, FDP und nun auch der CDU ähneln, würde ich es begrüßen, wenn wir einen Beschluss über die Parteigrenzen hinweg hinbekämen.“ Die Union sei gut beraten, sich bei dem Thema etwas locker zu machen, sagte Strobl.

Die FDP reagierte erfreut auf den Sinneswandel des Koalitionspartners und fordert nun ein konsequentes Handeln. „Wenn jetzt bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften die Gelegenheit da ist, nicht nur schrittchenweise vorzugehen, sondern gleich eine wirkliche Gleichstellung zu erreichen, dann sind wir dabei“, sagte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle dem Tagesspiegel. Die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe sei seit langem Programm der Liberalen. „Dass unsere Freunde von der Union jetzt gesprächsbereit sind, begrüße ich sehr. Das zeigt: Wir Liberalen sind der Reformmotor für die Union.“

SPD und Grüne wollen die CDU beim Wort nehmen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, kündigte an: „Wenn die Union ernsthaft ihre Diskriminierungspolitik gegenüber homosexuellen Lebenspartnerschaft beenden will, sind wir zur Zusammenarbeit jederzeit bereit.“ Eine Gleichberechtigung sei überfällig. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann erklärte, die SPD-Länder würden am 1.März einen Gesetzentwurf zur steuerlichen Gleichstellung im Bundesrat zur Abstimmung stellen. „Dann muss die Union Farbe bekennen.“

Widerstand kommt dagegen noch von der CSU. „Ich bin mir sicher, dass es mit der CSU in den nächsten Monaten keine komplette Gleichstellung geben wird. Dafür gibt es auch keinen Anlass“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer dem Tagesspiegel. Das Urteil müsse man ernst nehmen, aber daraus ergebe sich noch lange nicht die Notwendigkeit, die komplette Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften anzugehen. „Es gibt keinen Grund, jetzt in Aktionismus zu verfallen und schnell gesetzgeberisch tätig zu werden, den Handlungsbedarf sehe ich nicht“, sagte das Mitglied im CSU-Parteivorstand. Der besondere Schutz der Familie und der Ehe sei im Grundgesetz geregelt. „Wir müssen aufpassen, dass dieser Schutzanspruch nicht immer weiter ausgehöhlt wird.“

Auf dem CDU-Bundesparteitag im Dezember hatte sich eine Mehrheit der Delegierten noch gegen eine steuerliche Gleichstellung ausgesprochen. Auch Parteichefin Angela Merkel zählte dazu. Seite 3 und Meinungsseite

Christian Tretbar

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