Die Hochrechnung zur Wahl in Sachsen-Anhalt: CDU knapp 13 Prozentpunkte vor der AfD, Grüne bei 6 Prozent
Die CDU um Ministerpräsident Reiner Haseloff hat die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl gewonnen. Nun könnte es eine neue Koalition geben.
Die CDU hat die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt offenbar deutlich für sich entscheiden können. Beim letzten Urnengang vor der Bundestagswahl am 26. September setzte sich die Partei von Ministerpräsident Reiner Haseloff nach der Hochrechnung des ZDF deutlich mit 35 Prozent (29,8% im Jahr 2016) gegen die AfD mit 23 Prozent (24,3) durch. Umfragen vor dem Wahltag hatten noch auf einen knapperen Verlauf hingedeutet.
Auf Platz drei landete in Sachsen-Anhalt die Linkspartei, die mit 11 Prozent (16,3) herbe Verluste zu verzeichnen hat. Auch die SPD mit 8 Prozent (10,6), die Grünen mit 6 Prozent (5,2) und die FDP mit rund 7 Prozent (4,9) werden im kommenden Magdeburger Landtag vertreten sein. Für die Liberalen endet damit offenbar nach zehn Jahren die Zeit in der außerparlamentarischen Opposition.
Die Zahlen der ARD unterscheidet sich nur leicht von denen des ZDF.
"Ich bin überglücklich und freue mich über dieses Vertrauen", sagte Wahlsieger Haseloff im ZDF. Die überwiegende Mehrheit der Wählerinnen und Wähler habe "gegen die AfD" gestimmt. Mit einem starken Resultat für die CDU und ihn könne man das "am besten durchsetzen", sagte Haseloff.
„Es ist ein sensationell gutes Ergebnis“, sagte CDU-Generalssekretär Paul Ziemiak. Entscheidend für den Wahlerfolg sei „ein starker Kandidat, ein Profil der Mitte und Geschlossenheit“ gewesen. Der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gratulierte Haseloff, der es geschafft habe, von der Polarisierung mit der AfD zu profitieren. Über das Ergebnis seiner Partei äußerte er sich enttäuscht. „Es ist kein schönes Ergebnis, wir hätten uns mehr in Sachsen-Anhalt erhofft."
Haseloff will sich nicht auf Koalition festlegen
Der 67-jährige Haseloff steuert damit auf seine dritte Amtszeit zu und kann sich die Koalitionspartner offenbar aussuchen. Laut der Hochrechnung könnte es knapp für eine sogenannte „Deutschland-Koalition“ von CDU, SPD und FDP reichen. Rechnerisch ebenfalls möglich wäre eine Fortsetzung der bestehenden „Kenia-Koalition“ aus CDU, SPD und den Grünen.
Haseloff hatte vor dem Wahltag keine Präferenz zu erkennen gegeben und wollte sich auch am Wahlabend nicht festlegen. "Wir werden in Ruhe miteinander sprechen", kündigte er im ZDF an und sagte, man werde sich nicht aus dem Bund instrumentalisieren lassen.
[Mehr zum Thema: So ist Haseloff die Überraschung gelungen - Er selbst das Zugpferd, die Grünen als Schreckgespenst (T+)]
Teile seiner Fraktion hatten sich vorab weniger zurückhaltend geäußert. „Eine Deutschland-Koalition mit CDU, SPD und der FDP wäre sicherlich eine gute Option für Sachsen-Anhalt“, sagte beispielsweise der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Markus Kurze, dem Tagesspiegel.
In der bestehenden „Kenia-Koalition“ hatte es immer wieder heftige Verwerfungen gegeben. Zuletzt war das Bündnis im Dezember beinahe am Streit über die Erhöhung der Rundfunkbeitrages um 86 Cent zerbrochen. Wer die Koalitionäre im Magdeburger Landtag erlebt hat, merkt, dass es auch nach fünf Jahren tiefe Gräben gibt.
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Zumindest rechnerisch wäre auch ein Bündnis aus CDU und AfD möglich. Für eine solche Koalition, mit der ein Teile des CDU-Landesverbandes immer wieder geliebäugelt hatten, stehe er aber nicht zur Verfügung, hatte Haseloff vor der Wahl mehrfach betont. Auch eine geduldete Minderheitsregierung sei für ihn keine Option.
Rückenwind für Armin Laschet
Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt galt als letzter Stimmungstest für die Parteien im Bundestagswahlkampf. Für den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet ist das Ergebnis Rückenwind für seine Kanzlerkandidatur.
Er hatte sich parteiintern erst nach einem zähen Machtkampf mit CSU-Chef Markus Söder durchgesetzt und war wegen schwacher Umfragewerte im Bund zuletzt immer wieder in der Kritik gestanden. Eine „Deutschland-Koalition“ könnte auch Signalwirkung für den Bund haben.
[Alle Reaktionen zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt finden Sie in unserem Live-Blog an dieser Stelle]
Die Ambitionen der Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, erhielten dagegen einen Dämpfer. Zwar verbesserte sich ihre Partei in Sachsen-Anhalt, jedoch nicht so stark wie erhofft. Die 40-Jährige äußerte sich am Abend nur kurz. Die Zahlen seien noch „sehr volatil“ und man müsse noch abwarten“, sagte Baerbock in einem ersten Statement. Das Szenario einer „Deutschland-Koalition“ fürchten Parteistrategen auch auf Bundesebene, wo man nach 16 Jahren in der Opposition eigentlich endlich wieder regieren möchte.
Mit dem Wahlerfolg Haseloffs setzt sich bei den Wahlen in der Corona-Pandemie der Trend fort, dass Amtsinhaber wiedergewählt werden. Im März waren in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Malu Dreyer (SPD) wiedergewählt worden.
Die CDU in Sachsen-Anhalt hatte gezielt mit Landesvater Haseloff geworben, der im Land äußerst beliebt ist. Umfragen zufolge sind rund zwei Drittel der Sachsen-Anhalter zufrieden mit der Arbeit ihres Ministerpräsidenten. Die Spitzenkandidaten der anderen Parteien kannten dagegen viele Befragte überhaupt nicht.
1,8 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen
Auch thematisch war der Wahlkampf in Sachsen-Anhalt vor allem durch die Folgen der Pandemie gekennzeichnet. Als Reaktion auf die Krise hatte Ministerpräsident Haseloff versprochen, die Wirtschaft zu stärken. SPD und Linke hatten sich für mehr Ausgaben im Gesundheits- und Sozialbereich stark gemacht, die Grünen hatten vor allem mit dem Thema Klimaschutz punkten wollen.
Zahlen zur Wahlbeteiligung der rund 1,8 Millionen Berechtigten lagen am frühen Abend noch nicht vor. 2016 hatte 61,1 Prozent der Wahlberechtigten im Land ihre Stimme abgegeben.
Bis zum Nachmittag deuteten die Erhebungen auf eine niedrigere Wahlbeteiligung hin, allerdings wurden dabei die Briefwahlstimmen nicht beachtet, deren Anteil wegen der Corona-Pandemie gestiegen sein könnte. Bei der vergangenen Landtagswahl hatten von dieser Möglichkeit noch 13,7 Prozent aller Wählerinnen und Wähler Gebrauch gemacht.