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Arbeiten am CDU-Logo während der Vorbereitungen auf den Bundesparteitag 2018
© dpa/Bodo Marks

Thüringen, Hamburg und die Kandidatenkür: CDU, hör auf, dich selbst zu beschädigen!

Die Krise der SPD hat die der CDU verdeckt. Wofür steht sie und wo: Mitte links oder rechts oder eher rechts? Sie muss wieder glaubwürdig werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Hamburg – den Tag, die Wahl, das Ergebnis muss sich die CDU-Führung groß in ihr Pflichtenheft schreiben. Denn bis zum 25. April, an dem der Sonderparteitag zur Wahl der neuen Spitze stattfindet, muss auch das bearbeitet sein. Sonst wird es nichts mit dem schnellen Neuaufbau.

Erst Norbert Röttgen, jetzt Friedrich Merz – einer nach dem anderen wird sich erklären. Nur muss es mehr sein, als Ansprüche zu stellen. Immerhin soll die Dekonstruktion als Volkspartei aufgehalten werden, die von Thüringen ausgeht. Ja, dort liegt Weimar, und schon beginnen die Assoziationen. Wenn die CDU Weimar nicht als Menetekel beleben will, dann muss sie aufhören, sich selbst zu beschädigen. Dabei ist ihr Grundversprechen doch: Stabilität.

Nicht länger mit dem Finger auf andere zeigen

Um nicht weniger geht es – den Neuaufbau der Reputation. Das bedeutet im Wesentlichen: der Glaubwürdigkeit. Aber auch der Befähigung zur Inhaltlichkeit. Wer kann heute sagen, wofür die CDU originär steht? Oder wo sie im Parteienspektrum steht: Mitte links, Mitte rechts, eher rechts? Die Zeit, in der das Ungefähre verheißungsvoll erschien, neigt sich dem Ende zu. Schlicht weil die Kanzlerin das selbst gesagt hat. Angela Merkel will 2021 aufhören. Und mag sie eine Mehrheit bei den Deutschen haben, in der Partei, die die Kanzlerschaft tragen muss, hat sie die längst nicht mehr.

Die Malaise der SPD hat in den zurückliegenden Monaten nur verdeckt, in welcher die CDU steckt. Zwei Volksparteien am Rande der Auszehrung. Übrigens hat das auch die CDU nicht sehen wollen, es ist ja immer angenehmer, mit dem Zeigefinger auf den politischen Gegner zu weisen. Nur weisen drei Finger derselben Hand auf die CDU zurück: Einen Parteitag, auf dem Ideen wie Funken fliegen, hat es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Der jetzige Generalsekretär redet gerade mal anderthalb Minuten zu Hamburg. Fragen sind nicht zugelassen.

Ein Schild weist bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU Präsidiums im Konrad-Adenauer-Haus zum Ausgang.
Ein Schild weist bei einer Pressekonferenz nach der Sitzung des CDU Präsidiums im Konrad-Adenauer-Haus zum Ausgang.
© Michael Kappeler / dpa

Mangel an Profil und klarer Kante

So kommt die Richtungsfrage auf, die jetzt beantwortet werden muss. In Hamburg war die CDU eher Mitte links, fast schon progressiv eingestellt, jedenfalls liberaler als anderswo. Das ist keine Hamburgensie, sondern das Ergebnis einer Politik, die der Sozialdemokratie so manches Thema entwinden sollte. Für die trotz alledem verbliebenen Konservativen, die gerade Morgenluft wittern, wie es in einer Shakespeare’schen Tragödie heißt, war das aber immer nur ein Mangel an Profil und klarer Kante gegen alle anderen, besonders nach links.

Ist das nun der rechte Weg, die Anhänger und die eigenen Leute auf die Beine zu bringen? Wer Friedrich Merz und Jens Spahn befragt, kann ein Ja erwarten, bei Armin Laschet, seiner Art gemäß, ein Jein, und von Norbert Röttgen eine geschliffene Belehrung. Das alles aber hält die Selbstdemontage nicht auf. Seit Jahren ist bekannt, woran es mangelt. Jetzt ist alles offenkundig. Schon Jürgen Rüttgers hat als CDU-Vize und Ministerpräsident in Düsseldorf beispielsweise auf die Schwäche in urbanen Milieus hingewiesen. Das ist Jahre her. Das Ergebnis? In 32 von 50 Großstädten regiert die SPD. Und das ist nur ein Teil dessen, was in der CDU angegangen werden muss.

Annegret Kramp-Karrenbauer wird es als Vorsitzende nicht mehr richten. Ihr Nachfolger hat eine Mammutaufgabe vor sich. Er braucht Autorität in jeglicher Hinsicht von Tag Eins an. Hundert Tage, um sich zu finden? Zu lange. Dann geht die CDU den Weg der SPD.

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