Debatte um Einwanderungsgesetz: CDU diskutiert über Perspektiven für abgelehnte Asylbewerber
Sollen abgelehnte Asylbewerber auch dann ausreisen müssen, wenn die Wirtschaft sie braucht? Diese Debatte beschäftigt die Union.
In der Debatte um ein Einwanderungsgesetz findet Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther nun auch in seiner Partei Unterstützung für seinen Vorstoß, bestimmten abgelehnten Asylbewerbern eine Perspektive zu geben. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht plädierte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur „in engen Grenzen“ ebenfalls dafür - anders als zuvor Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU).
„Voraussetzung muss sein, dass derjenige, der schon mehrere Jahre hier ist, die Sprache sprechen kann und außerdem eine Berufsqualifikation und die unmittelbare Aufnahme einer Arbeit nachweist“, sagte Stahlknecht, der derzeit der Innenministerkonferenz vorsteht, der dpa. In diesen engen Grenzen sollte über ein Zuwanderungsgesetz die Möglichkeit eröffnet werden zu bleiben.
Entscheidend sei, dass jetzt schnell eine solche Regelung komme, sagte Stahlknecht. „Eigentlich sind wir damit fast schon zu spät, ich hätte mir das schon vor ein paar Jahren gewünscht.“ Denn der Wirtschaft mangele es nicht mehr nur an Fachkräften. „Es fehlen überall Arbeitskräfte, in der Gastronomie, im Handwerk, in der Logistik, selbst auf dem Bau“, erklärte er. Ohne Einwanderungsgesetz werde sich das Problem verschärfen.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat den Vorschlag seines schleswig-holsteinischen Kollegen begrüßt, nicht anerkannten Asylbewerber unter gewissen Bedingungen den Verbleib in Deutschland zu erlauben. "Aus meiner Sicht geht es um abgelehnte Asylbewerber", stellte Weil im ZDF-"Morgenmagazin" am Mittwoch klar. Wenn solche, bisher in Deutschland nur geduldeten Menschen sich gut integriert hätten und die Sprache beherrschten, sollte man ihnen auch angesichts des wachsenden Arbeitskräftemangels erlauben, dauerhaft im Land zu bleiben und zu arbeiten. "Da tut uns wirklich mehr Pragmatismus gut", sagte Weil.
Kauder weist Günthers Vorschlag zurück
Auf Drängen der SPD will die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen, um gezielt Fachkräfte anzuwerben. Günthers Vorstoß war aber nur von SPD, Grünen und FDP begrüßt worden. Unionsfraktionschef Kauder dagegen hatte den Vorschlag seines Parteikollegen zurückgewiesen. Natürlich gebe es Einzelfälle, die das nahelegten. „Würde diese Möglichkeit jedoch ausgeweitet, würde dies neue Anreize für Personen schaffen, es doch einfach zu versuchen, nach Deutschland zu kommen, ohne dass sie verfolgt sind“, hatte er der „Passauer Neuen Presse“ gesagt. Auch die CSU bremst in diesem Punkt.
Der Städte- und Gemeindebund hält das für richtig. „Ein genereller sogenannter „Spurwechsel“ von Asylverfahren hin zu einer Erwerbsmigration für Geflüchtete und Asylbewerber würde die unterschiedlichen Ziele vermischen und die Akzeptanz eines Fachkräftezuwanderungsgesetzes infrage stellen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Rhein-Neckar-Zeitung“.
Er warnte zudem vor zu hohen Erwartungen an ein Zuwanderungsgesetz. Den Fachkräftemangel werde es nicht beheben, zumal es bereits eine gesetzliche Regelung für die Zuwanderung von Nicht-EU-Ausländern gebe. Für die Wirtschaft sei es „richtiger, die Möglichkeit der Gewinnung von Fachkräften in Deutschland selbst massiv auszubauen“.
SPD und FDP signalisieren Unterstützung
SPD und FDP dagegen bekräftigten in der „PNP“ ihre Unterstützung für Günther. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte: „Hier müssen wir endlich vorankommen, sonst schicken wir weiter ausgerechnet die Engagierten nach Hause, die etwas mit uns in Deutschland aufbauen wollen.“ Es sei gut, dass Teile der CDU dies langsam einsähen. „Nun muss noch die CSU folgen.“
Der betont liberale Christdemokrat Günther hatte seiner Partei bereits eine heftige Debatte beschert, als er in einem Interview über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei nachgedacht hatte, falls gegen sie keine Regierung gebildet werden könne. Die CDU-Chefin, Kanzlerin Angela Merkel, hatte ihm umgehend widersprochen. Parteikollegen im Osten, wo die Kräfteverhältnisse besonders kompliziert sind, hatten das allerdings differenzierter gesehen. (dpa, Reuters)