Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern: Caffiers Waffenkauf-Affäre gefährdet Statik der Regierung Schwesig
Lorenz Caffier ist ein erfahrener Innenminister – auch im Kampf gegen Rechtsextremismus. Strauchelt er, verlöre die CDU ihre dominierende Figur. Ein Kommentar.
Ausgerechnet ihm muss so etwas passieren. Lorenz Caffier (CDU) gerät trotz seiner enormen politischen Erfahrung, gerade auch beim Kampf gegen Rechtsextremismus, in einen üblen Verdacht. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern muss sich dafür rechtfertigen, Anfang 2018 privat - Caffier ist Jäger - eine Pistole der Marke „Glock“ bei einem Waffenhändler gekauft zu haben, der Verbindungen zum rechtsextremen Prepper-Netzwerk „Nordkreuz“ unterhielt.
Der Verkäufer, Frank T., betreibt in Güstrow einen Schießplatz, auf dem Spezialeinheiten trainierten und auch Nordkreuz-Leute. Das Netzwerk bereitete sich auf einen „Tag X“ vor, an dem die Bundesrepublik zusammenbricht. Die Rechtsextremen wollten dann Linke töten. Der Generalbundesanwalt ermittelt.
Die Geschichte ist für Caffier politisch brisant, obwohl er Mitte 2019 die Kooperation des Landeskriminalamts mit dem Schießplatz stoppte. Hätte er schon 2018 von den Kontakten zwischen Frank T. und Nordkreuz gewusst, hätte er die Waffe nicht gekauft, sagte der Minister jetzt dem „Spiegel“. Ihm eine Nähe zu Nordkreuz anzudichten, sei „kompletter Unsinn und ehrverletzend“.
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In der Linksfraktion im Schweriner Landtag ist die Forderung zu hören, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) müsse Caffier seines Amtes entheben, sollte er sich nicht umfassend zum Waffenkauf äußern. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Niema Movassat, twitterte: „Menschen, die Drohungen von Nazis bekommen, müssen darauf vertrauen, dass Regierungsmitglieder nicht mit Nazis paktieren". Caffiers Rücktritt sei unumgänglich.
Schwesig selbst bat den Minister, alle Fragen zu klären. Ein Bekenntnis zu ihrem Stellvertreter war das nicht. Nähert sich die politische Laufbahn des seit 2006 amtierenden und damit dienstältesten Innenministers der Republik dem Ende?
Ein Sozialdemokrat hilft Caffier
Unterstützt wird der 65 Jahre alte Caffier vom SPD-Mann Mathias Brodkorb, einst Minister in der Landesregierung und bundesweit bekannt als Aktivist gegen Rechtsextremismus. Es sei schäbig, Caffier in die Nazi-Ecke zu stellen, schrieb Brodkorb jetzt in der „Ostsee-Zeitung“. Er verweist auf das Engagement des Christdemokraten im Verbotsverfahren gegen die NPD. Nach dem NSU-Schock hatte Caffier als Sprecher der Innenminister von CDU und CSU massiv dafür geworben, die rechtsextreme Partei aufzulösen.
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Brodkorb deutet allerdings auch den Fehler an, den Caffier in der Pistolengeschichte gemacht hat. Der Minister habe „gewaltig geirrt“, als er die Angelegenheit zur Privatsache erklärte. Vergangenen Donnerstag noch wollte Caffier sich zum Thema Pistole nicht äußern. Als er es dann doch im „Spiegel“ tat, verhedderte er sich in Jahreszahlen.
Minister verheddert sich bei Jahreszahlen
Caffier sagte, Anfang 2019 habe das Bundeskriminalamt auf Drängen des Landeskriminalamts erste Unterlagen zum Nordkreuz-Komplex übermittelt. Die Bundesregierung teilte jedoch im Februar 2020 auf eine Anfrage der Linksfraktion mit, das BKA habe im Sommer 2017 das LKA über die Existenz von Nordkreuz informiert. Und im März 2018 seien dem Verfassungsschutz von Mecklenburg-Vorpommern Unterlagen zugeleitet worden.
Auf Anfrage des Tagesspiegels hieß es am Montag im Innenministerium, die Zeitschiene werde „akribisch aufgearbeitet“. Später kommt die Mitteilung, zu Frank T. hätten erstmals im Mai 2019 Hinweise vorgelegen. Der Minister betone "selbstkritisch", dass er dann eine Erklärung zum Waffenkauf hätte abgeben müssen. "Dies nicht getan zu haben, war ein Fehler, den ich bedauere", sagt Caffier. Seine Kommunikationspolitik wirkt allerdings für einen altgedienten Minister erstaunlich unkonzentriert.
Statik der Landesregierung in Gefahr
Diese Woche noch soll Caffier dem Innenausschuss des Landtags Rede und Antwort stehen. Die Sitzung könnte nicht nur für den Minister, sondern für die Landesregierung insgesamt Folgen haben. Strauchelt Caffier, verlöre die CDU im Land an der Küste ihre dominierende Figur. Die Statik des rotschwarzen Kabinetts Schwesig geriete in Gefahr. Und das ein knappes Jahr vor den Landtagswahlen.
In der letzten Umfrage war die CDU mit 29 Prozent stärkste Partei in Mecklenburg-Vorpommern, die SPD kam auf 24 Prozent. Ohne den Frontmann Caffier könnten sich die Zahlen für die CDU schnell ändern.